Fast drei Viertel der Zahnärzte denken darüber nach, vorzeitig aufzuhören
Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Zusammenarbeit mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) haben alarmierende Trends in der Zahnarztpraxis aufgedeckt. Rund drei Viertel der befragten Zahnärztinnen und Zahnärzte fühlen sich ausgebrannt und gestresst, und mehr als die Hälfte (58%) würde sich nach heutigem Stand nicht mehr niederlassen. 72% überlegen, vorzeitig aus der Versorgung auszuscheiden.
Bürokratiebelastung, Fachkräftemangel und fehlende Wertschätzung
Zwar erachten fast 100% der im Rahmen der Umfrage Befragten ihre Arbeit als nützlich und sinnvoll. Was den Zahnmedizinern jedoch zu schaffen macht, sind vielmehr die belastenden Rahmenbedingungen und fehlende Wertschätzung seitens der Politik:
- Rund 97% sehen sich durch die Vielzahl administrativer bzw. bürokratischer Aufgaben überlastet. Dies gehe zulasten der Zeit für Patientenversorgung, urteilten 94%.
- 81% gaben an, die aktuellen Digitalisierungsmaßnahmen würden ihre Praxisabläufe beeinträchtigen.
- 95% der Umfrageteilnehmer sehen ihre Arbeit von der Politik nicht ausreichend wertgeschätzt.
- Jeweils 92% bemängeln eine nicht angemessene finanzielle Honorierung der von ihnen erbrachten Kassen- bzw. Privatleistungen.
- 76% der Praxen gaben an, durch das GKV-FinStG von Honorarkürzungen betroffen zu sein. 77% verzeichneten dadurch in ihrer Praxis weniger Parodontitis-Neubehandlungsfälle.
Auch der zunehmende Fachkräftemangel belastet die Praxen:
- 95% haben Schwierigkeiten, am Arbeitsmarkt geeignetes Personal zu finden.
- 83% sehen sich durch den Personalmangel bereits in der Patientenversorgung eingeschränkt.
88% der Umfrageteilnehmer rechnen mit einer weiteren Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage im Laufe des Jahres.
Kommentar:
Die Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend. Sie belegt nicht nur, wie viel Frust sich inzwischen bei den Zahnärzten angestaut hat, sondern zeigt auch, dass dringender Handlungsbedarf seitens der Politik besteht, damit eine flächendeckende, wohnortnahe zahnmedizinische Versorgung auch in Zukunft gewährleistet werden kann. Die Politik ist gefordert, umgehend zu handeln und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Staatliche Überregulierung und Budgetierung werden langfristig nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Versorgungssituation führen, wenn die Maßnahmen die realen Probleme und Abläufe in den Praxen nicht angemessen berücksichtigen. Ein Beispiel dafür ist die Digitalisierung im Rahmen der Telematikinfrastruktur. Das eigentliche Ziel, durch Digitalisierung Abläufe zu vereinfachen und zu beschleunigen und die Patientenversorgung zu verbessern, wurde offensichtlich bis dato nicht erreicht. Statt der erhofften Erleichterung sehen sich die Praxen zusätzlich belastet.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Zahnärzte die Forderungen ihrer Verbände mit überwältigender Mehrheit mittragen. Diese sind vor allem eine verlässliche Finanzierung, eine stärkere Regulierung versorgungsfremder Investoren und die Reduzierung der bürokratischen Belastung auf das erforderliche Minimum, damit Praxen sich wieder auf ihre eigentliche Kernaufgabe, die Patientenversorgung, fokussieren können und die Niederlassung auch weiterhin attraktiv bleibt.
Mehr Informationen zu aktuellen Herausforderungen und Rahmenbedingungen von Zahnärzten und anderen Dentalmarktplayern in Deutschland und weiteren europäischen Ländern finden Sie im neuen Atlas Dental Europa 2024 von Rebmann Research unter PUBLIKATIONEN.