Apothekengewinne sind in 2022 stark gesunken

Apothekengewinne sind in 2022 stark gesunken

Einer der wichtigsten Branchenveranstaltungen für den Berufsstand der Apotheker und Apothekerinnen ist das Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV). Fester Bestandteil ist dabei u.a. die Vorstellung des Wirtschaftsberichts mit dem Zahlenwerk der Treuhand Hannover (beauftragt von der ABDA). Letztes Jahr konnten noch – coronabedingte – Höchstmargen vermeldet werden, jedoch warnten die Experten bereits damals vor einem Gewinneinbruch in 2022. Dieser hat sich bestätigt, gemäß des aktuellen Wirtschaftsberichts:

  • Verringerte sich das durchschnittliche Betriebsergebnis je Apotheke im Jahr 2022 massiv auf 163.000 Euro (verglichen mit 211.000 Euro im Jahr 2021)
  • Prozentual sinkt das Betriebsergebnis damit auf 5,1% (bezogen auf den Netto-Umsatz); die Vergleichswerte lagen im Vorjahr bei 6,9% bzw. bei 6% im Jahr 2020. Nur einmal in den letzten Jahrzehnten gab es im Jahr 2011 mit 5,9% einen Wert unter 6% zu verzeichnen.

Die Experten sprechen angesichts dieser prozentualen Margen von einem ‚historischen‘ Tief. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass aufgrund der stetig steigenden Marktvolumina bei gleichzeitig weniger Marktteilnehmern sich auch der durchschnittliche Umsatz je Betriebsstätte kontinuierlich nach oben bewegt; die absoluten Gewinne sind zwar im Vergleich mit den letzten beiden Jahren rückläufig, aber mit 163.000 Euro im Jahr 2022 liegt er über dem Vor-Corona-Niveau von 2019, als das Betriebsergebnis durchschnittlich 148.000 Euro betrug.

Vorjahreswerte durch pandemiebedingte Effekte geschönt

Während im Jahr 2021 Apotheken hierzulande pandemiebedingte Zusatzumsätze in Höhe von 2,5 Mrd. Euro mit Tests, Masken, Impfzertifikaten und Co. erlösten, ist dieses Zusatzgeschäft in 2022 nahezu komplett weggebrochen. In Summe waren es nur mehr 0,6 Mrd. Euro (minus 76%).

Ohne die Pandemie hätte die wirtschaftliche Situation der durchschnittlichen Apotheke damit auch in den Vorjahren wesentlich schlechter ausgesehen, was insbesondere den steigenden Kostenniveaus auf der einen Seite geschuldet ist und einem Honorarmodell auf der anderen Seite, das diese Dynamik nicht berücksichtigt, denn die Preise können im Kernsegment der Apotheken, der Ausgabe rezeptpflichtiger Arzneien, nicht – wie in anderen Märkten – angepasst werden. Diese sind vielmehr vom Gesetzgeber vorgegeben. Demnach bekommt eine Apotheke je Rx-Packung einen Fixbetrag in Höhe von 8,35 Euro und dieser Betrag wurde das letzte Mal vor zehn Jahren leicht erhöht (Anfang 2013 3,1% nach neun Jahren), kann somit der Kostenentwicklung nicht standhalten. Hinzu kommt ein 3%iges Honorar auf den Einkaufspreis des Medikaments, also eine umsatzabhängige Komponente.

GKV-Versorgung für Apotheken im Durchschnitt defizitär

Die Hauptursachen für die rückläufigen Margen im Langfristtrend sind damit

  • Steigende Kosten (Personalkosten, höherer Wareneinsatz, weil geringere Verhandlungsmacht beim Einkauf, höherer Personaleinsatz z.B. aufgrund der Lieferproblematiken)
  • Bei gleichzeitig ‚schlechterer‘ Vergütung durch die GKVen, denn gemäß der o.g. Auswertungen gab es in 2022 je zulasten der GKVen abgegebene Packung statistisch gesehen einen Verlust in Höhe von 27 Cent zu verbuchen. Vereinfacht ausgedrückt: Das Honorar bleibt nahezu gleich, aber die Stückkosten stiegen überproportional an.

Düstere Prognose für 2023

Angesichts höherer Tariflöhne, zugespitzter Lieferengpässe und dem für zwei Jahre erhöhten Apothekenabschlag (vom o.g. Honorar müssen Apotheken seit Februar 2023 2 Euro Abschlag leisten; dieser ist gesetzlich von 1,77 Euro für zwei Jahre auf 2 Euro erhöht worden) rechnen die Experten mit einem Rückgang des durchschnittlichen Betriebsergebnisses in 2023 auf unter 150.000 Euro. Insbesondere die kleineren Branchenvertreter stehen damit unter Druck, gepaart mit dem Nachwuchskräftemangel bzw. Mangel an übernahmewilligen JungapothekerInnen, wird sich damit die Zahl der Apotheken auch weiterhin verringern.

 

Kommentar:

Erstmalig ist die Zahl der Apotheken im Bundesgebiet im ersten Quartal auf unter 18.000 Apotheken gesunken. Die Dynamik hat damit zugenommen, denn mit 129 Betriebsstätten weniger im Vergleich zum Vorquartal, liegt der Wert über den Zahlen der Vorquartale.

Die ABDA fordert daher umfassende Maßnahmen, um der Kostenentwicklung zu begegnen, u.a.:

  • Eine Erhöhung des o.g. Fixhonorars auf 12 Euro
  • Die Einführung eines Strukturhonorars (Fixpauschale für jede Apotheke)
  • Die regelmäßige Anpassung an Inflation etc. (Dynamisierung des Fixhonorars)

Quelle: ABDA – DAV-Wirtschaftsforum 2023 sowie die dort verfügbaren Download-Dokumente

Petra Seisl
Autor Dr. Petra Seisl
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