Bei der zahnärztlichen Versorgung könnten sich in einigen Gebieten Deutschlands in naher Zukunft Versorgungsmängel ergeben. Eine Auswertung von Rebmann Research zeigt, dass auf Ebene der gesamten KZV-Region Baden-Württemberg rund 1.443 Einwohner auf einen Vertragszahnarzt kommen. Damit entspricht die Versorgung der Bevölkerung im Südwesten fast dem Bundesdurchschnitt (1:1.435), und liegt ferner – gemessen an den Verhältniszahlen von Baden-Württemberg – noch nicht im unterversorgten Bereich. Der genauere Blick zeigt jedoch, dass die Versorgungslage je nach Landkreis oder kreisfreier Stadt zum Teil sehr unterschiedlich ist. Von potenziellen Versorgungsproblemen betroffen sind dabei insbesondere die grün eingefärbten Regionen der Karte (vgl. Abb.), in denen also die Zahl der Einwohner je Zahnarzt höher liegt als im Durchschnitt der gesamten KZV-Region. Aus Sicht der praktizierenden oder niederlassungswilligen Zahnärzte kennzeichnen sich diese Regionen durch eine vorteilhafte Konkurrenzsituation, während sie aus Perspektive der Versorgung jedoch negativ zu beurteilen sind. Laut Atlas Medicus Marktatlas-Auswertung sind insbesondere die Landkreise Freudenstadt, der Enzkreis und Calw deutlich schlechter versorgt als die übrigen Planungsbereiche Baden-Württembergs (vgl. Abb.). Überdurchschnittlich gut ist die Versorgungssituation hingegen in den rot eingefärbten Regionen (Kreisfreie Städte Ulm, Freiburg im Breisgau, Heidelberg und Baden-Baden). Diese kennzeichnen sich durch eine hohe Zahnarztdichte – und damit aus dem Blickwinkel der praktizierenden Zahnärzte durch eine hohe Konkurrenzsituation.
ATLAS MEDICUS® Marktatlas: Zahl der Zahnärzte und Abweichung der Versorgungsdichte vom Durchschnitt Baden-Württembergs
Quelle: www.atlas-medicus.de
Auch aus Sicht der Bedarfsplanung gegenwärtig noch keine Unterversorgung
Konkret bewerten lässt sich der Versorgungsgrad auf Basis der offiziellen Verhältniszahlen. Dabei liegen der Berechnung jedoch unterschiedliche Verhältniszahlen zugrunde. Diesen zufolge haben Zahnärzte in ländlichen Gebieten eine höhere Zahl an Patienten zu versorgen als ihre Kollegen in Ballungsgebieten oder Großstädten. In Baden-Württemberg kommt für die kreisfreien Städte Freiburg, Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Pforzheim, Stuttgart, Heilbronn und Ulm die Verhältniszahl von 1.280 Einwohner/Zahnarzt zum Ansatz und für alle übrigen Planungsbereiche liegt die Relation bei 1.680 Einwohnern je Zahnarzt. Eine Überversorgung wird bei einem Versorgungsgrad von 110% festgestellt, eine Unterversorgung besteht bei unter 50%. Die KZVen haben jährlich eine Übersicht über den Versorgungsgrad vorzulegen. Der aktuellen Übersicht der KZVBW zufolge – allerdings mit Stand Juni 2022 – liegt gegenwärtig in keiner Region Baden-Württembergs eine Unterversorgung vor (vgl. Tab.). Der Blick auf die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte zeigt jedoch zum Teil größere Abweichungen. In 23 der 44 Planungsbereiche liegt der Versorgungsgrad bereits unter 100%. In Übereinstimmung mit der reinen Dichte-Auswertung aus Atlas Medicus zeigt sich eine Übereinstimmung bei den Regionen mit besonders unterdurchschnittlicher Versorgungssituation. Die Landkreise Freudenstadt, der Enzkreis sowie der Landkreis Calw weisen mit 68,5%, 70,5% und 79,8% die niedrigsten Versorgungsgrade auf. Damit ist es wahrscheinlich, dass diese Regionen in den kommenden Jahren zu den ersten zählen, die – unter anderem bedingt durch den Renteneintritt der älteren Zahnärzte – von Versorgungslücken betroffen sein werden.
Versorgungsgrad Zahnärzte KZVBW (Stand 31.12.2021)
Versorgungsgrad Zahnärzte KZVBW (Stand 31.12.2021)
Planungsbereich | Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung in % |
---|---|
Alb-Donau-Kreis, LK | 85,3 |
Baden-Baden, SK | 139,4 |
Biberach, LK | 85,7 |
Bodenseekreis, LK | 126 |
Breisgau-Hochschwarzwald, LK | 96,8 |
Böblingen, LK | 101,2 |
Calw, LK | 79,8 |
Emmendingen, LK | 105,4 |
Enzkreis, LK | 70,5 |
Esslingen, LK | 101,7 |
Freiburg im Breisgau, SK | 110,2 |
Freudenstadt, LK | 68,5 |
Göppingen, LK | 102,6 |
Heidelberg, SK | 113 |
Heidenheim, LK | 96,2 |
Heilbronn, LK | 106,3 |
Heilbronn, SK | 88,2 |
Hohenlohekreis, LK | 83,7 |
Karlsruhe, LK | 93,7 |
Karlsruhe, SK | 92,4 |
Konstanz, LK | 132 |
Ludwigsburg, LK | |
Lörrach, LK | 110,7 |
Main-Tauber-Kreis, LK | 98,7 |
Mannheim, SK | 104,3 |
Neckar-Odenwald-Kreis, LK | 110 |
Ortenaukreis, LK | 99,8 |
Ostalbkreis, LK | 98 |
Pforzheim, SK | 92,4 |
Rastatt, LK | 90,3 |
Ravensburg, LK | 108 |
Rems-Murr-Kreis, LK | 101,5 |
Reutlingen, LK | 103,4 |
Rhein-Neckar-Kreis, LK | 115 |
Rottweil, LK | 95,6 |
Schwarzwald-Baar-Kreis, LK | 93,4 |
Schwäbisch Hall, LK | 96,3 |
Sigmaringen, LK | 86 |
Stuttgart, SK | 104,8 |
Tuttlingen, LK | 80,4 |
Tübingen, LK | 103,5 |
Ulm, SK | 128,3 |
Waldshut, LK | 116,6 |
Zollernalbkreis, LK | 97,4 |
Quelle: KZVBW |
Kommentar:
Infolge der demografischen Entwicklung und der Überalterung der Zahnärzte werden sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren insbesondere in den ländlichen Regionen Baden-Württembergs Versorgungsprobleme ergeben. Bei den humanmedizinischen Fachrichtungen und vor allem bei der hausärztlichen Versorgung sind diese Probleme bereits seit Jahren Realität. Um dem zukünftigen Zahnarztmangel entgegenzuwirken, sind vielfältige Ansätze erforderlich. Dazu gehören beispielsweise die Erhöhung der Studienplätze für Zahnmedizin, finanzielle Anreize für junge Zahnärzte in unterversorgten Regionen – was bereits einige KZVen umsetzten -, Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung, flexible Versorgungsmodelle und gegebenenfalls die internationale Rekrutierung von Zahnärzten. Eine Kombination dieser Strategien, angepasst an regionale Bedürfnisse, kann die nachhaltige Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung ermöglichen.
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