BARMER Heilmittelreport verzeichnet Gründungsboom bei Physiotherapeuten

BARMER Heilmittelreport verzeichnet Gründungsboom bei Physiotherapeuten

Verglichen mit 2018 gibt es bundesweit im Jahr 2021 15% mehr Physiotherapiepraxen, so der aktuelle Heilmittelreport der BARMER (aus 2023). Über 40.100 Praxen sichern somit die Versorgung der Bevölkerung mit Krankengymnastik, Massagen und Co. Auf eine Praxis kommen damit ca. 2.100 Einwohner bzw. 1.800 GKV-Versicherte. Etwas weniger stark sei hingegen die Zahl der angestellten Physiotherapeuten im Vergleichszeitraum gestiegen, um gut 10% auf über 100.000; die Selbstständigkeit – so die Schlussfolgerung der Autoren – würde somit attraktiver wahrgenommen als eine Angestelltentätigkeit.

Den höchsten Anstieg gibt es mit plus 18% in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen, wo es mit über 6.800 Praxen auch die meisten Versorger gibt. Absolut gesehen folgen Bayern (6.250) und Baden-Württemberg mit 5.650 Praxen. Überproportional gewachsen ist die Zahl der Praxen mit plus 17% in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Dort erhalten Physiotherapeuten erst seit Mitte 2019 gleich viel Honorar wie im Westen – das dürfte mit entsprechend höherer Gründerneigung einhergegangen sein.

Bessere Vergütung bei gleicher Verordnungsmenge

Generell war die Attraktivitätssteigerung der Berufsausübung und Vergütungserhöhungen für Heilmittelerbringer ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers im Rahmen der gesetzlichen Reformierungen in den letzten Jahren. Das scheint gelungen, denn die Heilmittelausgaben je Versicherten haben sich, so der BARMER Report, seit 2018 um ca. 28% auf ca. 31 Euro erhöht, obwohl die Zahl der Verordnungen sogar leicht rückläufig war (541 Verordnungen je 1.000 Versicherte im Jahr 2018 im Vergleich zu 537 im Jahr 2021).

Das Gros dieser Verordnungen entfällt mit 87% auf die Physiotherapie. Der Anteil der Ausgaben liegt mit 75% darunter, da andere Heilmittel (Ergotherapie oder Logopädie) im Durchschnitt teurer sind. Eine physiotherapeutische Verordnung verursachte zuletzt BARMER-Ausgaben in Höhe von durchschnittlich 218 Euro (im Vergleich zu 166 Euro im Jahr 2018). Bezogen auf alle Heilmittel liegt der Wert bei knapp 260 Euro (bzw. 200 Euro in 2018).

Weiterhin große regionale Versorgungsunterschiede

Zwar erfolgte mit den gesetzlichen Eingriffen eine KV-übergreifende bundeseinheitliche Harmonisierung der Vergütung, hinsichtlich der Versorgung hingegen bestehen auch weiterhin große regionale Unterschiede, die sich nicht mit demografie- und morbiditätsbedingten Gründen alleine erklären lassen: im Bundesdurchschnitt entfallen 468 physiotherapeutische Verordnungen auf 1.000 Versicherte, in Sachsen-Anhalt sind es 593, in Bremen nur 368. Selbst bei einer Standardisierung von Geschlecht und Alter besteht eine weiterhin hohe Spreizung, aufgrund der Harmonisierung der Honorierung hat sich diese bezogen auf die Ausgaben dadurch seit 2018 sogar erhöht. Das heißt im Osten werden mehr Versordnungen ausgestellt, auf 1.000 Versicherte entfallen mehr Patienten, es werden jedoch auch andere Therapien verordnet: dort dominieren passive Heilmittel (Manuelle Therapie, Massage etc.), während im Westen die Krankengymnastik die am häufigsten durchgeführte Therapie ist.

 

Kommentar:

Der Markt kann durchaus mehr Player verkraften, insbesondere die demografische Entwicklung spricht für eine weiterhin steigende Nachfrage. Gemäß BMG sind die Ausgaben der GKVen für Heilmittel in 2022 um 7,0% und damit stärker gewachsen als andere ambulante Leistungsbereiche (z.B. plus 3,4% in der ärztlichen Versorgung). Das Wachstum ist jedoch auch in 2022 weniger auf mehr Verordnungen bzw. mehr Behandlungen zurückzuführen, sondern insbesondere auf Vergütungsanpassungen zum Beginn des Jahres als auch auf die hohen unterjährigen Preisabschlüsse des Vorjahres.

Quellen:

Petra Seisl
Autor Dr. Petra Seisl
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