Brasiliens Medizintechnik im Wachstum

Brasiliens Medizintechnik im Wachstum

Brasilien ist mit rund 210 Mio. Einwohnern der siebtgrößte Staat der Welt bzw. größte Staat Südamerikas und nutzt seine wachsende Mittelschicht sowie natürlichen Ressourcen für ein erhebliches Wirtschaftswachstum. Unter der Regierung Lula übertraf das Wirtschaftswachstum im ersten Jahr die Prognosen mit 2,9% statt der erwarteten 0,8%. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg dabei auf 2,17 Bio. US-Dollar und Brasilien überholte Länder wie Kanada und Russland. Gleichzeitig wuchsen auch die Gesundheitsausgaben von 8% des BIP (2010) auf 9,7% (2023).

Ein öffentliches Gesundheitssystem sichert Zugang zur Versorgung

Das Durchschnittsalter stieg seit 2010 um sechs Jahre auf 35 Jahre, was zwar eine junge Bevölkerung im internationalen Vergleich bedeutet, aber auch zukünftige wirtschaftliche Herausforderungen mit sich bringt. Das öffentliche Gesundheitssystem (SUS) sichert der gesamten Bevölkerung kostenfreien Zugang von der Grundversorgung bis zu komplexen Behandlungen. Um dem demografischen Wandel zu begegnen, wurde der Nationale Gesundheitsplan 2024-2027 verabschiedet, der 116 Ziele in sieben Bereichen definiert – darunter Primär- und Spezialversorgung, Prävention, Wissenschaft und Innovation – und insbesondere Chancen für ausländische Medizintechnikunternehmen eröffnet.

Der brasilianische Gesundheitssektor boomt

Zudem boomt der Gesundheitssektor: Zwischen 2022 und 2023 stieg die Zahl der Ärzte um 6,5% auf 572.960. Dem brasilianischen Verband der Medizinprodukteindustrie Aliança Brasileira da Indústria Inovadora em Saúde zufolge existieren über 1.600 Medizintechnikunternehmen und 13.456 Vertriebsunternehmen von Medizinprodukten. Dadurch gibt es rund 84.000 direkte und 330.000 indirekte Arbeitsplätze.

Rasante Entwicklung der digitalen Transformation seit Covid

Die COVID-19-Pandemie beschleunigte die digitale Transformation im Gesundheitswesen, was zu einem sprunghaften Anstieg von brasilianischen Healthtech-Unternehmen von 248 (2019) auf über 1.000 (2023) und erheblichen Investitionen in Höhe von rund 553 Mio. US-Dollar führte. Brasilien ist zudem einer der größten Importeure von Medizintechnologie (Importe 2023: 8 Mrd. US-Dollar), wobei Deutschland als zweitgrößter Lieferant (15,8%) – insbesondere im Bereich In-vitro-Diagnostik – eine zentrale Rolle spielt.

Freihandelsabkommen Mercosur beschleunigt Zulassung

Zukünftig sollen die deutsch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen weiter intensiviert werden, unter anderem durch die Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Medizintechnologie und das Inkrafttreten des Freihandelsabkommens zwischen Mercosur und der EU, was den Markteinstieg für deutsche Unternehmen zusätzlich begünstigt. Erwartungen gehen von einem Anstieg der Importe bis 2034 auf 12,8 Mrd. US-Dollar aus.

 

Kommentar:

Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern außerhalb der EU sind insbesondere von abweichenden regulatorischen Anforderungen gekennzeichnet. Während die EU-Länder ihre regulatorischen Anforderungen an Medizinprodukte durch die Medical Device Regulation (MDR) harmonisiert haben, unterscheiden sich Anforderungen und Zulassungsverfahren für Medizinprodukte, die für Märkte außerhalb der EU bestimmt sind, je nach Zielland deutlich. In Brasilien muss jedes Medizinprodukt vor seiner Einfuhr bei der Gesundheitsbehörde Agência Nacional de Vigilância Sanitária (ANVISA) registriert werden. Die früher langen Wartezeiten sind mittlerweile durch die beschleunigte Marktzulassung und Importabwicklung der Gesundheitsbehörde verkürzt. Auch die Zertifizierung durch das Institut für Messtechnik Inmetro wird zunehmend einfacher. Die Eintragung ins Lieferregister ist Voraussetzung für den Erhalt öffentlicher Aufträge, die ausschließlich über Ausschreibungen vergeben werden. Nach der Registrierung auf dem nationalen Portal bzw. den Portalen der einzelnen Bundesstaaten wird ein Unternehmen automatisch über aktuelle Ausschreibungen informiert.

Quelle: SPECTARIS – Publikationen

Nadine Brohammer
Autor Nadine Brohammer
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