Bundestag beschließt Medizinforschungsgesetz

Bundestag beschließt Medizinforschungsgesetz

Der Deutsche Bundestag hat am 4.7.2024 das Medizinforschungsgesetz (MFG) in 2. und 3. Lesung beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, den Standort Deutschland für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung neuer Medikamente zu stärken, diesbezüglich den internationalen Rückstand wettzumachen und so zum Angebot innovativer Therapien zum Beispiel für Krebserkrankungen und Demenz beizutragen.

Das MFG beinhaltet folgende Elemente:

Vereinfachung und Beschleunigung der Zulassung von Arzneimitteln sowie der Genehmigung und Durchführung klinischer Studien

  • Definition eindeutiger und nachvollziehbarer Zuständigkeiten und Optimierung der Zusammenarbeit der Arzneimittelzulassungsbehörden
  • Spezialisierung und Harmonisierung der Ethikkommissionen (Einführung einer Spezialisierten Ethikkommission für besondere Verfahren (SEKbV) auf Bundesebene)
  • Beschleunigung der Verhandlungen zwischen Studienzentren und Sponsoren durch die Entwicklung verbindlicher Standardvertragsklauseln
  • Verkürzung der Bearbeitungszeit bei klinischen Prüfungen, die ausschließlich in Deutschland stattfinden, auf 26 Tage

Förderung akademischer Studien

  • Regelung zur Förderung akademischer Studien
  • Spiegelung der Regelungen im Arzneimittelrecht, im Medizinprodukterecht und Anerkennung von Drittlandinspektionen (insbesondere in China)

Einführung vertraulicher Erstattungspreise für neu eingeführte Arzneimittel

  • Option zur Vereinbarung vertraulicher Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel. Die Regelung führt zu einem verbindlichen Preisnachlass von 9% und ist jeweils erst nach der Erstattungsbetragsvereinbarung oder Festsetzung optional möglich. Voraussetzung sind eine eigene Arzneimittelforschungsabteilung des Pharmaunternehmens sowie relevante Projekte und Kooperationen mit öffentlichen Einrichtungen in (prä-)klinischer Arzneimittelforschung in Deutschland. Die Regelung ist zum 30.6.2028 befristet. Ende 2026 ist eine Evaluierung geplant. Zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Verordnung von Arzneimitteln sollen die Informationen zur Wirtschaftlichkeit bei Arzneimitteln mit vertraulichem Erstattungsbetrag künftig verpflichtend in die elektronischen Verordnungsprogramme integriert werden.

Einführung von Forschungsanreizen

  • Wiedereinführung der Spielräume für die Erstattungsbetragsverhandlungen (sog. Leitplanken aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) für Arzneimittel mit einem relevanten Anteil klinischer Prüfungen in Deutschland. Voraussetzung ist, dass mindestens 5% der Probanden aus der Zulassungsstudie an der klinischen Studie in Deutschland teilgenommen haben. Die Leitplanken sind auf drei Jahre beschränkt. Ausnahme: Das Pharmaunternehmen verfügt über eine Arzneimittelforschungsabteilung und relevante eigene Projekte und Kooperationen mit öffentlichen Einrichtungen in präklinischer oder klinischer Arzneimittelforschung in Deutschland.

 

Kommentar:

Laut Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das neue Gesetz bereits vor der Verabschiedung Wirkung entfaltet. So ließ sich offenbar eine Zunahme der Investitionen sowie der Investitionsankündigungen von Pharmafirmen beobachten. Während der Verband forschender Arzneimittelhersteller das MFG begrüßen, sehen Kritiker insbesondere in Zusammenhang mit den vertraulichen Erstattungspreisen die Gefahr steigender Arzneimittelausgaben sowie eine weitere Zunahme der Bürokratie. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürchtet einen signifikanten Anstieg des Regressrisikos für die Vertragsärzte. Aufgrund der Geheimpreise sollen die Wirtschaftlichkeitsinformationen in der Verordnungssoftware künftig als Relation zu anderen Arzneimitteln oder Therapien „mit vergleichbarem medizinischem Nutzen in dem Anwendungsgebiet“ abgebildet werden. Laut KBV müssen die Vertragsärzte bei Medikamenten mit vertraulichen Preisen somit die Wirtschaftlichkeit selbst einschätzen, was mit einem erhöhten Risiko sowie zusätzlichem bürokratischem Aufwand verbunden sei. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die Softwareanbieter die entsprechenden Informationen jeweils nur zeitverzögert bereitstellen würden, was das Regressrisiko zusätzlich erhöhe.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit – Medizinforschungsgesetz

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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