Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den Genehmigungsvorbehalt für die Erstverordnung von Medizinalcannabis für Ärzte bestimmter Fachrichtungen und Schwerpunktbezeichnungen aufgehoben (vgl. Tabelle).
Tabelle: Arztgruppen, die Cannabis ohne Genehmigung der Krankenkasse verordnen dürfen
Fachrichtung | Zusätzlicher Schwerpunkt erforderlich |
---|---|
Allgemeinmedizin | |
Anästhesiologie | |
Frauenheilkunde und Geburtshilfe | Gynäkologische Onkologie |
Innere Medizin | |
Innere Medizin und Angiologie | |
Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie | |
Innere Medizin und Gastroenterologie | |
Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie | |
Innere Medizin und Infektiologie | |
Innere Medizin und Kardiologie | |
Innere Medizin und Nephrologie | |
Innere Medizin und Pneumologie | |
Innere Medizin und Rheumatologie | |
Neurologe | |
Physikalische und Rehabilitative Medizin | |
Psychiatrie und Psychotherapie | |
Zusatzbezeichnungen | |
Geriatrie | |
Medikamentöse Tumortherapie | |
Palliativmedizin | |
Schlafmedizin | |
Spezielle Schmerztherapie |
Der Beschluss liegt gegenwärtig dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vor und tritt nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Der G-BA geht davon aus, dass diese Mediziner über eine ausreichende Expertise verfügen, um die Voraussetzungen für eine Verordnung ausreichend einschätzen zu können. Ziel ist ein erleichterter Zugang der Patienten zu Cannabis-Medikamenten.
Ärzte tragen Regressrisiko bei der Verordnung von Medizinalhanf
Insbesondere die Hausärzte und Anästhesisten profitieren vom Entfall des Verordnungsvorbehalts, da auf diese Facharztgruppen die höchste Anzahl an Verordnungen entfällt. Nach wie vor gilt, dass die Verordnung von medizinischem Cannabis in der Regel nur bei lebensbedrohlichen oder schweren, die Lebensqualität stark beeinträchtigenden Erkrankungen gestattet ist, wenn alternative Therapien nicht effektiv oder vertretbar sind und die Cannabismedikamente Aussicht auf Erfolg haben.
Da die Krankenkassen diesbezüglich zu einer anderen Einschätzung als die Ärzte kommen können, besteht für die verordnenden Ärzte ein Regressrisiko. Ärzte können vor allem bei unklaren Fällen dieses Risiko vermeiden, indem sie weiterhin die Genehmigung der Krankenkasse einholen. Diese Möglichkeit besteht auch für das Ausstellen von Folgeverordnungen durch weiterbehandelnde Ärzte, sofern für die Erstverordnung keine Genehmigung vorlag. Weitere Einzelheiten zur Verordnung sind in § 31 Abs. 6 SGB V und der Arzneimittel-Richtlinie geregelt.
Kommentar:
Seit März 2017 haben Patienten mit schweren Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Cannabisarzneimittel. Mit Ausnahme der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung war für die Erstverordnung (sowie im Fall eines Produktwechsels auch bei Folgeversorgungen) in der Regel eine Genehmigung durch die jeweilige Krankenkasse erforderlich. Die restriktive Genehmigungspraxis durch die Kassen führte dazu, dass Patienten mit schwersten Symptomen und chronischen Schmerzen häufig lange bürokratische Verfahren durchlaufen mussten, bis eine Verordnung genehmigt wurde.
Cannabisgesetz erleichtert privaten Zugang und Konsum
Mit dem Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz) wurde seit dem 1.4.2024 der private Konsum von Cannabis deutlich erleichtert. Neben den Anbauvereinigungen oder -genossenschaften (gemeinschaftlicher, nicht-gewerblicher Eigenanbau) ist auch der Anbau in privaten Wohnungen (beschränkt auf drei Pflanzen) erlaubt. Zu den Einzelheiten des Gesetzes vgl. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/bundeskabinett-beschliesst-cannabisgesetz-pm-16-08-23.html.
Parallel hierzu wurde mit dem neuen Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) der Umgang mit Cannabis zu medizinischen Zwecken seit dem 1. April neu geregelt. So unterliegt die Verordnung von Cannabisarzneimitteln nicht länger dem Betäubungsmittelgesetz, weshalb das reguläre eRezept für die Verordnung ausreicht. Eine Ausnahme bildet der Wirkstoff Nabilon (Handelsname Canemes), der aufgrund seines synthetischen Charakters weiterhin unter die Betäubungsmittel in Anlage III des BtMG fällt.
Quellen: