Corona (Teil 1/3): Deutlich mehr Insolvenzen in 2020

Corona (Teil 1/3): Deutlich mehr Insolvenzen in 2020

Mitte Mai hat das Statistische Bundesamt sowohl die Zahlen der Insolvenzen für das vergangene Jahr 2019 veröffentlicht sowie jene für die ersten Monate des laufenden Jahrs. Seit 2010 (also nach der Finanzkrise 2008/2009) ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stetig zurückgegangen, so auch in 2019, um 2,9% auf 18.749 Fälle. Das ist der niedrigste Stand seit der Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999. Allerdings stiegen aufgrund größerer Fälle die damit einhergehenden Forderungen im Vergleich zum Vorjahr von 21 auf fast 27 Mrd. Euro an.

Bei den Privatinsolvenzen war ein noch stärkerer Rückgang um 7,3% zu verzeichnen (auf 62.600 Fälle).

Die positive Entwicklung hielt auch noch für Januar und Februar an, während es im März erstmalig zu einem Anstieg in Höhe von 1,6% (im Vergleich zum Vorjahresmonat) bei Regelinsolvenzen kam. Dieser eher geringe Anstieg sowie der Rückgang in Höhe von 13,4% im April ist jedoch insbesondere auf die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen, denn das ‚Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht‘ vom 27.3.2020 ermöglicht es Unternehmen, deren Zahlungsschwierigkeiten Folge der Corona-Pandemie sind und bei denen Aussicht auf Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit besteht, Insolvenzanträge auszusetzen, und zwar (zunächst) bis Ende September 2020. Zudem weist das Statistische Bundesamt darauf hin, dass es aufgrund der Bearbeitungszeiten bei Gericht zu zeitlich verzögerten Meldungen kommt; diese Zeiträume per se haben sich des Weiteren wegen des Corona-bedingten eingeschränkten Betriebs verlängert. Und schließlich führen weitere liquiditätsfördernde Maßnahmen, wie Sofortkredite, günstige KfW-Darlehen, Kurzarbeitergeld, das Aussetzen (bzw. Verschieben) von Verpflichtungen (z.B. Mietzahlungen) etc. zu einer temporären Entlastung und ein Anstieg der Insolvenzzahlen wird damit (zunächst) verhindert. Es dürfte daher davon auszugehen sein – Insolvenzverwalter übten daher entsprechend Kritik an der Regelung hinsichtlich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – dass es nur zu einem Aufschieben der Insolvenzen kommen wird; denn die Verbindlichkeiten müssen irgendwann bedient werden und gleichzeitig dürften die entgangenen Umsätze nicht (komplett) wieder nachgeholt werden. Experten rechnen daher mit einem mittelfristigen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen auf bis zu 30.000, das wären über die Hälfte mehr als in 2019. Bis zum Jahresende prognostiziert Euler Hermes ein Plus von 10% bei Unternehmensinsolvenzen. Sollte die Bundesregierung eine Verlängerung der ausgesetzten Meldepflicht um ein halbes Jahr bis März 2021 beschließen, beträfe es das kommende Jahr entsprechend noch stärker.

Besonders betroffene Branchen sind der Einzelhandel, Automobilhersteller bzw. -zulieferer, Metall- und Maschinenbau, verarbeitendes Gewerbe, Hotellerie, Gastronomie, Tourismus, Messewirtschaft, Kultur und Sport. Weniger negativ hingegen sind die Entwicklungen im Bausektor sowie in der Chemie-, Pharma- und Kunststoffindustrie.

 

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