Deutsche Kliniken: Über 50% in den roten Zahlen

Deutsche Kliniken: Über 50% in den roten Zahlen

Die Krankenhausbranche steht aufgrund des Personalmangels, der Unsicherheiten bei der Finanzierung, der Inflation und dem Investitionsstau zunehmend unter Druck. Zwischen 2021 und 2022 reduzierte sich die Zahl der Kliniken mit positivem Jahresabschluss von rund einem Drittel auf nunmehr knapp ein Viertel. Bereits mehr als Hälfte (51%) aller Krankenhäuser schloss 2022 – unabhängig von der Größenklasse) mit einem Verlust ab. Dies geht aus der jüngst veröffentlichten Krankenhausstudie 2023 des Beratungsunternehmens Roland Berger hervor, im Rahmen derer die Geschäftsführer und ärztlichen Direktoren der 600 größten Kliniken in Deutschland befragt wurden. Insbesondere öffentliche Krankenhäuser sind mit einem Anteil an defizitären Einrichtungen von mehr als 60% von der Negativentwicklung betroffen (vgl. Abb.). Erstmals rutschten auch die kleinen Kliniken in die Verlustzone ab.

Abb. Umfrageergebnisse Jahresergebnisse deutscher Kliniken

Entwicklung der Jahresergebnisse deutscher Kliniken 2019-2022 + Jahresergebnisse 2022 nach Trägerschaft

Quelle: Roland Berger 2023

Ambulantisierung führt bis 2033 zu einer Konsolidierung des Marktes

Nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer wird sich die Zahl der deutschen Krankenhäuser bis 2033 deutlich reduzieren. 51% erwarten einen Rückgang von knapp 1.900 (2021) auf höchstens 1.250. 38 % rechnen mit maximal 1.500 und 11% mit bis zu 1.750 Kliniken. Aus Sicht des Führungspersonals ist insbesondere ab 2028 mit einer Konsolidierung zu rechnen. Als Ursache gilt dabei die zunehmende Substitution stationärer durch ambulante Leistungen.

Trend zu Fusionen und Übernahmen

Kooperationen mit ambulanten und stationären Leistungserbringern rangieren wie bereits in den Vorjahren auf Platz 1 der strategischen 10-Jahres-Ausrichtung. Fast gleichauf mit der strategischen Leistungsausrichtung ist jedoch mittlerweile das Thema „Fusionen und Übernahmen von Krankenhäusern“. Daneben kommt der ambulanten Leistungsausrichtung ein zentraler Stellenwert zu. Parallel zur Schließung defizitärer Fachabteilungen planen die Kliniken den Ausbau von Krankenhausambulanzen, Ermächtigungen und der Ambulanten Spezialärztliche Versorgung (ASV). Daneben setzen sich auf den Erwerb von Praxen/Vertragsarztsitzen, die Einrichtung ambulanter OP-Praxen, Hochschulambulanzen, medizinischer Versorgungszentren oder integrierte Gesundheitszentren.

 

Kommentar:

Mit der geplanten großen Krankenhausreform zielt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf eine langfristige Sicherung der deutschen Krankenhauslandschaft ab. Indessen ist fraglich, ob der „große Wurf“ gelingen wird. Das Veto der Bundesländer, die insbesondere nicht zur Einschränkung ihrer Kompetenzen im Bereich der Krankenhausplanung bereit sind, hat sowohl zu einer Verringerung des Tempos des Reformprozesses als auch zu inhaltlichen Änderungen geführt. Eine Umsetzung nach Plan zum 1.1.2024 gilt damit als unwahrscheinlich. Indessen ist auch das Vertrauen unter den Krankenhäusern in die Reform eher gering. Dies wird auch durch die Roland Berger Studie belegt: Nur ein geringer Anteil der Kliniken erwartet sich hierdurch eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Erst ab 2028 rechnen die Umfrageteilnehmer infolge des Strukturwandels und der Digitalisierung mit einem Aufwärtstrend.

Quelle: Roland Berger – Krankenhausstudie 2023: Wie Klinikmanager die Zukunft sehen

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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