Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben sich auf eine Sonderregelung für den Stromverbrauch in energieintensiven Praxen geeinigt. Mit Wirkung zum Januar 2023 haben Praxen aus den Bereichen Radiologie, Strahlentherapie und Dialyse den Anspruch, zusätzliche Stromkosten geltend zu machen, wenn sie Leistungen aus mindestens einem der EBM-Abschnitte Hochvolttherapie, Computertomografie, Magnetresonanztomografie oder extrakorporale Blutreinigungsverfahren abrechnen. Ziel der Maßnahme ist es, die stark gestiegenen Strompreise auszugleichen.
Zusätzliche Kosten unter Abzug von Entlastungsbeträgen erstattet
Konkret bekommen anspruchsberechtigte Praxen, die überdurchschnittlich viel Strom für medizinische Geräte benötigen, zusätzliche Kosten erstattet, wenn diese die Grenze von mehr als 500 Euro pro Quartal erreichen und der Strompreis über dem Referenzpreis von 29 Cent pro Kilowattstunde liegt. Die Krankenkassen übernehmen den größten Teil der Mehrausgaben, wobei Entlastungsbeträge (Strompreisbremse, praxisindividueller Anteil für Privatversicherte) und ein Eigenanteil von 5% abgezogen werden.
Abrechnung erfolgt auf Basis von selbsterklärten Angaben, Ausweitung auf weitere Fachgruppen ausgeschlossen
Die Abrechnung der Stromkosten erfolgt auf Basis des durch die Praxen selbsterklärten Stromverbrauchs und Stromkosten quartalsweise über die KVen. Die Festlegung der genauen Details zur Berechnung und Erstattung erfolgt durch die KVen. Die Regelung gilt vorerst für das Jahr 2023, eine Verlängerung wird geprüft. Eine Ausweitung der Finanzhilfen auf weitere Fachgruppen stand trotz Drängen der KBV nicht zur Debatte.
Kommentar:
Strompreis seit 2021 um fast die Hälfte gestiegen
Laut Strompreisanalyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erhöhte sich der Strompreis für Haushalte in Deutschland seit 2021 sprunghaft um insgesamt 49,5%. Der BDEW veranschaulicht die Strompreisentwicklung ausgehend von einem Indexwert im Jahr 1998 von 100. Die Entwicklung des Haushaltsstrompreises in Deutschland erreicht bis ins Jahr 2023 den Indexwert von 281, während der Wert 2021 noch 188 betrug. Zu den Hauptfaktoren der aktuell hohen Energiepreise zählt der Russland-Ukraine-Konflikt.
Strompreisbremse erfasst kleine, mittlere und energieintensive Unternehmen
Die in der Folge vom Staat verabschiedete Strompreisbremse deckelt 80% des Vorjahresstromverbrauchs ab einem Strompreis von 40 Cent pro Kilowattstunde, sofern der gesamte Stromverbrauch die Obergrenze von 30.000 kWh innerhalb eines Jahres nicht überschreitet. Diese Preisbremse gilt für kleine und mittlere Unternehmen gleichermaßen wie für Privathaushalte. Für energieintensive Unternehmen, die über einem Stromverbrauch von 30.000 kWh liegen, wird der Strompreis für 70% des Vorjahresverbrauchs auf 13 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt.
Für energieintensive Praxen reichen die staatlich ergriffenen Maßnahmen nicht aus
Schätzungen zufolge errechnet sich für einen niedergelassenen Radiologen auf Basis des ungefähren jährlichen Stromverbrauchs von Computer- und Magnetresonanztomografen ein Energiebedarf von 120.000 kWh pro Jahr, was die gesetzliche Grenze für energieintensive Unternehmen um rund das Vierfache überschreitet. Im Falle der energieintensiven Praxen reicht die durch den Staat regulierte Preisbremse somit nicht aus, was die nun von der KBV und dem GKV-Spitzenverband verabschiedete Härtefallregelung erforderlich machte.
Quellen: