In Anbetracht des demografischen Wandels und den damit einhergehenden wachsenden Herausforderungen für die medizinische Versorgung startete das Projekt ErwiN in Teilen von Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. ErwiN steht für Erweiterte Übertragung von arztentlastenden Tätigkeiten in ArztNetzen. Ziel des Projekts ist es, qualifiziertem Pflegepersonal ärztliche Aufgaben zu übertragen. Das Projekt wird über dreieinhalb Jahre mit insgesamt rund 6,7 Mio. Euro vom Innovationsfonds gefördert.
Antwort auf Versorgungsengpässe in ländlichen Gebieten
Besonders der ländliche Raum ist auf innovative Projekte zur ärztlichen Versorgung angewiesen. Die Anzahl der älteren Menschen steigt und bringt insbesondere strukturschwache Regionen bereits heute – im Hinblick auf die medizinische Versorgung – an ihre Grenzen. Da die ambulante Versorgung nicht mehr flächendeckend optimal vorhanden ist, werden Patienten zum Teil ins Krankenhaus eingewiesen, obwohl dies nicht nötig wäre. An diesem Punkt möchte ErwiN ansetzen: Das Projekt sieht eine Lösung in der Entlastung von Ärzten durch die Übertragung ärztlicher Aufgaben an Pflegefachpersonal.
Staatlich anerkannte Zusatzausbildung als Grundlage
Teilnehmende Pflegefachkräfte müssen an der staatlich anerkannten Zusatzausbildung für Spezialisierte Pflegefachpersonen (SPFP) teilnehmen. Hierbei handelt es sich um eine sechsmonatige Weiterbildung an der Universitätsklinik Greifswald, mit anschließender staatlicher Prüfung. Mit dieser Zusatzausbildung dürfen SPFP im ärztlichen Auftrag beispielsweise folgende Aufgaben übernehmen:
- Gesundheitszustand prüfen (Assessments)
- Vital- und Laborparameter kontrollieren
- Schmerzen erfassen
- Medikamente anpassen
- Beratungen vornehmen
- Heil- und Hilfsmittel verordnen
- Versorgung organisieren (Fall-Management)
Projektstart in vier Modellregionen
In vier Modellregionen im Mittelbereich Elsterwerda/Bad Liebenwerda (Süd-Brandenburg), in den Landkreisen Uckermark und Ostprignitz (Nord-Brandenburg), in den Altkreisen Uecker-Randow und Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) sowie in den Stadtbezirken Treptow-Köpenick und Neukölln-Tempelhof (Berlin) wird das ErwiN-Projekt umgesetzt. Dabei soll die Wirksamkeit anhand von Parametern wie der Reduzierung von Krankenhauseinweisungen und der Kosteneffizienz der Versorgung evaluiert werden.
Kommentar:
Innovative Projekte sind für die medizinische Versorgung in Deutschland unerlässlich. Der demografische Wandel führt zu einer alternden Gesellschaft, woraus ein höherer medizinischer Behandlungsbedarf resultiert. Gleichzeitig werden allerdings auch die Ärztinnen und Ärzte älter und wandern vermehrt in den Ruhestand ab. Bereits heute sind über ein Drittel der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte älter als 60 Jahre. Ein weiteres Drittel bewegt sich in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen. Knapp 25% sind zwischen 40 und 49 Jahre alt, nur knapp 7% der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte sind jünger als 40 Jahre. Auch die Teilzeitarbeit gewinnt vor allem bei jungen Ärztinnen und Ärzten an Beliebtheit. Diese Trends führen zu einem steigenden Bedarf an Behandlungen bei gleichzeitig sinkenden Behandlungskapazitäten. Um auch in Zukunft eine hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten, sind innovative Projekte wie ErwiN unverzichtbar.
Quellen: