Die in Deutschland ansässigen Medizintechnikunternehmen stellen insgesamt über 500.000 verschiedene Medizinprodukte her. In der deutschen Wirtschaft spielt die Branche eine wichtige Rolle und zeichnet sich durch hohe Innovationskraft aus. Da die Medizintechnikbranche stark vom Exportgeschäft abhängt, agieren die Unternehmen häufig im internationalen Wettbewerb. Zunehmend entsteht jedoch ein genereller Wettbewerbsnachteil für die EU durch die strikte und immer stärker ausgeprägte Regulatorik, was dazu führt, dass die klinische Forschung für die Medizintechnik droht, aufgrund uneinheitlicher Vorgaben und komplizierter formaler Auflagen aus Deutschland abzuwandern. Vor allem die für die Umsetzung der MDR erforderlichen Kosten stellen nach wie vor eine große Belastung für den europäischen, insbesondere den deutschen Markt für Medizinprodukte dar. Aber auch die hohen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise, von denen sich 72% der Unternehmen betroffen sehen und der für 54% der Unternehmen relevante Fachkräftemangel und die inflationsbedingt steigenden Personalkosten. Grund zur Hoffnung für die Steigerung der Innovationskraft gibt der verbesserte Zugang zu Gesundheitsdaten und die Erweiterung des Fast-Track-Verfahrens durch die jüngst verabschiedeten Digitalisierungsgesetze. Weiteres Potenzial wird in der Erweiterung des Fast-Track-Verfahrens bei den digitalen Gesundheitsanwendungen auch auf Medizinprodukte der Klasse III gesehen, um den Standort zu stärken.
Europäische Medizintechnik weiter auf Wachstumskurs
Den europäischen Markt für Medizintechnik mit seinen rund 35.000 Unternehmen bzw. 850.000 Beschäftigten beziffert der BVMed für das Jahr 2022 auf 160 Mrd. Euro (+6,7 Prozentpunkte, siehe Abb. 1) und einen Anteil am Weltmarkt von mehr als einem Viertel (26,4%). Im Jahr 2023 lag der Umsatz auf dem Weltmarkt für Medizintechnik den Zahlen des BVMed zufolge bei 522 Mrd. US-Dollar. Das Beratungsunternehmen Frost & Sullivan prognostiziert bis 2027 ein jährliches Wachstum der Branche von durchschnittlich 5,0%.
Abbildung 1: Umsatz der Medizintechnik in Europa 2021 und 2022
Weiterhin rückläufige Gewinne erwartet, Kleinstunternehmen verlieren sogar Umsatz
Trotz der auch künftig verbreitet erwarteten verbesserten Umsatzlage rechnen 49% der deutschen Medizintechnikunternehmen aktuell mit rückläufigen Gewinnen. Die anhaltend negativen Gewinnentwicklungen scheinen sich dabei erstmals auch auf die geplanten Investitionen am Standort Deutschland sowie die Forschungsausgaben auszuwirken und einen Negativtrend zu verursachen. Es zeigt sich, dass nach wie vor insbesondere die kleinen Unternehmen von den Herausforderungen betroffen sind. Dies schlägt sich vor allem im Umsatz der Kleinstunternehmen nieder, der sich 2022 um erhebliche 1,26 Mrd. Euro verringerte. Kleinstunternehmen inbegriffen (Unternehmen <20 Mitarbeiter werden von den Auswertungen der Branchenverbände ausgeklammert), erreichte die deutsche Medizintechnikbranche im betrachteten Jahr einen Gesamtumsatz von rund 47,31 Mrd. Euro und ist somit vor Frankreich und dem Vereinigten Königreich klar führend in Europa.
Geplante Forschungsausgaben sinken, weiterhin zweiter Platz im Patentindex
Die Medizintechnik ist eine innovative Branche, deren Produkte häufig als technisch anspruchsvoll gelten und mit einem hohen personellen wie finanziellen Forschungs- und Entwicklungsaufwand verbunden sind. Obwohl jedes fünfte Unternehmen (zuvor 14%) aktuell plant, seine Forschungsausgaben im Vergleich zum Vorjahr zu verringern, liegt der F&E-Ausgabenanteil am Umsatz gegenwärtig weiterhin bei rund 9% und damit deutlich höher als in anderen Industriezweigen. Die hohe Forschungs- und Entwicklungsintensität im Bereich der Medizintechnik bringt eine große Anzahl an Patenten hervor. Im Patentindex 2023 des Europäischen Patentamtes müssen sich die Patentanmeldungen der Medizintechnik mit einer Anzahl von 15.985 (+1,3%) erneut nur dem überdurchschnittlich stark wachsenden Feld der digitalen Kommunikation (17.749 Patentanmeldungen, +8,6%) geschlagen geben. Nach vielen Jahren auf der Spitzenposition bleibt die Medizintechnik mit den vergleichsweise konstanten Wachstumsraten nun bereits recht deutlich auf dem zweiten Platz zurück, dicht gefolgt von der Computertechnologie mit einem ähnlichen Wachstum. Aufgrund der geplanten reduzierten Ausgaben zu Forschungszwecken ist abzuwarten, ob sich die Medizintechnik auf der Platzierung halten kann. Die mit großem Abstand meisten medizintechnischen Innovationen stammen mit rund 38% aus den USA. Dahinter folgt die deutsche Medizintechnikindustrie mit 8,6%. Rang drei und vier belegen fast gleichauf die Schweiz (6,3%) und Japan (6,1%). Laut Einschätzungen der Medizintechnikunternehmen sind besonders innovative Forschungsbereiche die Diagnostik (33%), die Kardiologie (31%), die Neurologie (29%) und die Onkologie (27%).
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