Finanzentwicklung GKV: Minus von 600 Mio. Euro im 1. Halbjahr 2023

Finanzentwicklung GKV: Minus von 600 Mio. Euro im 1. Halbjahr 2023

Dem vorläufigen Finanzergebnis zufolge haben die gesetzlichen Krankenkassen das erste Halbjahr 2023 mit einem Defizit in Höhe von rund 600 Mio. Euro abgeschlossen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 15.9.2023 hervor. Den aktuellen Zahlen zufolge lagen die Einnahmen der Kassen im vergangenen Halbjahr bei 151,1 Mrd. Euro. Ursache für das Defizit der Kassen ist laut BMG ein aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz resultierender Sondereffekt, ohne den sich zum Ende des ersten Halbjahres 2023 ein Überschuss von rund 600 Mio. Euro ergeben hätte. Der gesetzlichen Regelung entsprechend sind die Krankenkassen verpflichtet, in den beiden Halbjahren 2023 jeweils 1,25 Mrd. Euro (insgesamt 2,5 Mrd. Euro) ihres Vermögens an den Gesundheitsfonds abzuführen.

Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen setzen sich aus den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und aus den Zusatzbeträgen (deren Höhe die Krankenkassen jeweils selbst festlegen) zusammen. Der Gesundheitsfonds wiederum speist sich aus den Beiträgen der GKV-Mitglieder, der Arbeitgeber sowie aus Steuermitteln. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag der Krankenkassen lag wie zu Jahresbeginn bei 1,51% und somit unterhalb des für das Jahr 2023 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,6%. Die Finanzreserven der Kassen lagen am Ende des Halbjahres bei 9,7 Mrd. Euro und damit rund dem doppelten Wert der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben.

Erhöhung der Leistungsausgaben für ambulante ärztliche Behandlung erneut stark unterdurchschnittlich

Die Gesamtleistungsausgaben lagen im ersten Halbjahr 2023 bei 151,8 Mrd. Euro (bei einer Erhöhung der Zahl der Versicherten um 1,1%). Die Leistungsausgaben der Kassen stiegen gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 um 4,9%, während die Verwaltungskosten um 2% sanken. Die einzelnen Leistungsbereiche entwickelten sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wie folgt:

  • Krankenhausbehandlung: +7,0%
    Als Ausgabentreiber identifizierte das BMG wie bereits im Vorjahr die starke Steigerung bei den Pflegepersonalkosten um 12,5% (die seit 2020 aus den DRG-Pauschalen ausgegliedert sind) und eine überaus dynamische Preiskomponente.
  • Ärztliche Behandlung: +1,0%
    Der vergleichsweise moderate Anstieg erklärt sich u.a. durch die stark rückläufigen Zahlen bei den coronaspezifischen Abrechnungsziffern (z.B. Testungen).
  • Arznei- und Verbandsmittel: +2,4%
    Im Arzneimittelbereich trägt die Erhöhung der gesetzlichen Rabatte pharmazeutischer Unternehmer (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) zur Eindämmung der Ausgaben bei.
  • Zahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz: +4,4%
  • Heilmittel: +8,6%
  • Krankengeld: +6,4%
  • Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen: +11,1%

Hinweis: Mangels (vollständig) vorliegender Abrechnungsdaten beruhen die angegebenen Werte in vielen Leistungsbereichen zum Teil auf Schätzungen.

Defizit des Gesundheitsfonds geht über den saisonüblichen Effekt hinaus

Zum Stichtag 16.1.2023 startete der Gesundheitsfonds mit einer Liquiditätsreserve von rund 12,0 Mrd. Euro. Zum Ende des 1. Halbjahrs 2023 ergab sich ein Defizit von 5,6 Mrd. Euro, das sich zum Großteil auf den saisonalen Effekt zurückführen lässt. In der zweiten Jahreshälfte fallen die Einnahmen aus den Versichertengeldern aufgrund der Sonderzahlungen (Zulagen und Weihnachtsgeld) erfahrungsgemäß höher aus. Ein Teil des Defizits erklärt sich auf den Sondereffekt des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. Mit dem Ziel der Stabilisierung der Zusatzbeiträge der Krankenkassen wurde die Obergrenze der Liquiditätsreserve abgesenkt, was dazu führte, dass zusätzliche Mittel aus dem Fonds an die Krankenkassen flossen. Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) entwickelten sich mit einem Plus von 5,9% positiv, was neben den inflationsbedingt hohen Tariflohnsteigerungen auf die Mindestlohnerhöhung (auf 12 Euro pro Stunde zum 1.10.2022) und den Abbau der Kurzarbeit zurückzuführen ist.

 

Kommentar:

Noch im vergangenen Jahr hatten insbesondere die Kassen für 2023 finanzielle Probleme und hohe Steigerungen bei den Zusatzeinnahmen angekündigt. Nun stellt sich die Lage deutlich besser dar. Ungeachtet der positiven Entwicklung steht das BMG in der Bringschuld. So sah das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nicht nur die kurzfristige Konsolidierung der GKV-Finanzen durch finanzielle Beiträge der wichtigsten Akteure des Gesundheitswesens vor, sondern auch einen Auftrag an das BMG, bis Ende Mai 2023 „Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ zu konzipieren, im Rahmen derer „insbesondere auch die Ausgabenseite der gesetzlichen Krankenversicherung betrachtet werden“ soll.

Quellen:

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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