Gendermedizin: Mehr Komplikationen bei Frauen nach Operationen durch männliche Chirurgen

Gendermedizin: Mehr Komplikationen bei Frauen nach Operationen durch männliche Chirurgen

Bei Operationen, die von Chirurgen und nicht von Chirurginnen an Frauen durchgeführt werden, besteht ein bis zu 15% höheres Risiko für eine Komplikation. Zu diesem Ergebnis kommt eine kanadische Studie, die in der Fachzeitschrift JAMA Surgery publiziert wurde.

Bei der Analyse wurden die Behandlungsdaten von insgesamt 1,3 Mio. Erwachsenen analysiert, die sich im Zeitraum von 2007 bis 2019 chirurgischen Eingriffen unterzogen hatten. Die Eingriffe fanden in unterschiedlichen chirurgisch orientierten Fachabteilungen statt (Chirurgie, Plastische Chirurgie, Orthopädie, Viszeralchirurgie). Untersuchungsgegenstand der Studie war es, herauszufinden, welche Auswirkungen das Geschlecht der Patienten auf das Operationsergebnis hat.

Insgesamt wurden die Daten von 1.320.108 Patientinnen und Patienten ausgewertet:

  • 560 Patientinnen und Patienten hatten das gleiche Geschlecht wie die Chirurgin/der Chirurg (92.926 Fälle Chirurgin/Patientin; 509.634 Chirurg/Patient).
  • In 717.548 Fällen hatten die Chirurg*innen und Patient*innen unterschiedliche Geschlechter (50.269 Fälle Chirurgin/Patient; 667.729 Fälle Chirurg/Patientin).
  • 390 (14,9%) Patientinnen und Patienten hatten mindestens eine Komplikation.
  • Die Komplikationsraten nach einem Eingriff bei Geschlechterunterschied zwischen Chirurg*innen und Patient*innen lag höher als bei Geschlechtskonkordanz.
  • Die Rate schlechterer Behandlungsergebnisse stieg dabei um insgesamt 7%, so auch die Mortalität der Patientinnen und Patienten.
  • Darüber hinaus ließ sich eine Zunahme der direkten Komplikationen um 9% beobachten.
  • Bei nötigen Wiederaufnahmen ins Krankenhaus waren die Nachteile mit +2% gleich.

Situation am schlechtesten, wenn Chirurgen Patientinnen operierten

Die Korrelationen waren in allen Untergruppen zu beobachten, insbesondere das Geschlecht der zu operierenden Personen beeinflusste jedoch diesen Zusammenhang. Wenn Chirurgen Patientinnen behandelten, waren die Ergebnisse signifikant schlechter als bei Chirurginnen die Patientinnen behandelten, das Risiko für eine Komplikation stieg um 15%. Postoperativ wurden deutlich häufiger Komplikationen bis hin zum Tod beobachtet. Keine Verschlechterung gab es, wenn Chirurginnen die Eingriffe an Männern durchführten.

 

Kommentar:

Auch in anderen ärztlichen Disziplinen zeigt sich, dass Geschlechterunterschiede zwischen Ärzten und Patienten zu schlechteren Behandlungsergebnissen führen. Beispielsweise haben Patientinnen, die nach einem Herzinfarkt von Männern behandelt werden, ein höheres Risiko zu versterben, als bei einer Behandlung durch eine Ärztin. Erklärungen sind evtl., dass Frauen gegenüber Männern Schmerzen nicht offenbaren wollen oder seitens der Ärzte die Schwere der Symptome der Frauen unterschätzt wird.

Gemischtgeschlechtliche Ärzteteams könnten dabei helfen, diesem negativen Gendereffekt entgegenzuwirken. Die Chirurgie ist jedoch eine Männerdomäne, weniger als ein Viertel des Fachgebiets in Deutschland sind Frauen, weshalb Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils notwendig sind.

Quelle: PubMed.gov – Association of Surgeon-Patient Sex Concordance With Postoperative Outcomes

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