GKV-FinStG: Negative Folgen für zahnmedizinische Versorgung

GKV-FinStG: Negative Folgen für zahnmedizinische Versorgung

Sparmaßnahmen sorgen für rückläufige Parodontitis-Behandlungszahlen

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) stellten jüngst ihren Evaluationsbericht zu den Auswirkungen seit 2023 wieder budgetierten zahnärztlichen Leistungen auf die Parodontitis-Behandlungszahlen vor. Wie die Auswertung belegt, sind die Parodontitis-Behandlungsfälle, die nach Einführung der neuen Behandlungsstrecke im Sommer 2021 deutlich angestiegen waren, seit Beginn des Jahres 2023 massiv eingebrochen. Mit 92.400 neuen Behandlungsfällen lagen die Fallzahlen im Juli 2023 wieder in etwa auf dem Niveau vor Einführung der neuen, zukunftsweisenden Parodontitis-Behandlung.

Die Rückkehr zur strikten Budgetierung zahnärztlicher Leistungen ist eine der im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) vom Gesetzgeber beschlossenen Sparmaßnahmen, mit denen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen reduziert werden sollen. Sie gilt seit 1.1.2023 für mindestens zwei Jahre.

Etwa jeder zweite Erwachsene ist von einer Parodontitiserkrankung betroffen. Die entzündliche Erkrankung ist unbehandelt eine der häufigsten Ursachen für Zahnverlust. Zudem sind negative Wechselwirkungen mit verschiedenen Allgemeinerkrankungen inzwischen hinreichend belegt. So bestehen beispielsweise Zusammenhänge sowohl mit Diabetes als auch mit rheumatischen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die erst im Sommer 2021 eingeführte neue Parodontitis (PAR)-Behandlungsstrecke war durch ihren präventiven Ansatz als Meilenstein gefeiert worden. Die neue Behandlungsstrecke besteht aus einer Behandlungsphase, auf die lediglich etwa 36% der Leistungen entfallen, und einer bis zu dreijährigen Nachsorgephase, die sogenannte unterstützende Parodontitistherapie (UTP).

 

Kommentar:

Mittel reichen nicht aus, um alle Patienten zu behandeln

Seit Bekanntwerden der Wiedereinführung der Budgetierung hatten die Zahnärzte vor den negativen Folgen für die gerade erst eingeführte neue PAR-Behandlungsstrecke und damit verbunden für die Mundgesundheit der Bevölkerung gewarnt. Mit dem nun vorgestellten Evaluationsbericht konnten die KZBV und DG PARO erstmals die Folgen konkret beziffern. Eine Prognose des PAR-Leistungsvolumens zeigt, dass aufgrund der Budgetierung bereits in diesem Jahr die finanziellen Mittel für mehr als die Hälfte der eigentlich vorgesehenen Parodontitis-Neubehandlungen nicht ausreichen und zum überwiegenden Teil für Folgeleistungen bereits begonnener Behandlungen benötigt werden. Im Jahr 2024 werden die zur Verfügung stehenden Finanzmittel fast vollständig für die Weiterbehandlung der Altfälle benötigt. Eigentlich notwendige Neubehandlungen können daher nicht erfolgen. Dies hat gravierende negative Folgen, nicht nur für die Mund- und Allgemeingesundheit derer, die dringend eine PAR-Behandlung benötigen, sondern auch für die GKV-Ausgaben, die der Gesetzgeber durch die Budgetierung eigentlich hatte reduzieren wollen.

Hohe Folgekosten durch nicht erfolgte Behandlung

Auch eine weitere Studie weist darauf hin, dass durch nicht stattfindende PAR-Behandlungen langfristig hohe Folgekosten zu erwarten sind. Allein im zahnmedizinischen Bereich werden diese auf jährlich mehr als 200 Mio. Euro geschätzt. Davon entfallen etwa 151 Mio. Euro auf den konservierend-chirurgischen Bereich und etwa 52 Mio. Euro auf den Bereich Zahnersatz. Die im Bereich von Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, Rheuma oder Herzerkrankungen entstehenden Folgekosten kommen noch hinzu. Die insgesamt durch Parodontitiserkrankungen verursachten Kosten beziffert die Studie auf 34,79 Mrd. Euro. Neben direkten, auf die eigentliche Parodontitisbehandlung entfallenden Kosten, berücksichtigt diese Summe auch indirekte Kosten, wie beispielsweise Behandlungskosten für durch Parodontitis verursachte Wurzelkaries oder Zahnersatzbehandlungen, aber auch für Produktivitätsverlust durch parodontitisbedingten Arbeitsausfall.

Zahnarztverbände sehen dringenden Handlungsbedarf

Eine präventionsorientierte PAR-Therapie würde folglich nicht nur die Mundgesundheit der Bevölkerung deutlich verbessern, sondern zudem die durch die Erkrankung entstehenden Folgekosten deutlich reduzieren – auch für die GKV. Die beiden zahnärztlichen Standesorganisationen KZBV und DG PARO halten es daher für zwingend notwendig, die Leistungen für Parodontitistherapie möglichst zeitnah aus der Budgetierung herauszunehmen.

Nähere Infos zum GKV-FinStG und zur Wiedereinführung der Budgetierung zahnärztlicher Leistungen finden Sie auch in unseren News vom 9.6.2023 und vom 5.8.2023.

Quelle: Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung – GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – Auswirkungen auf die Parodontitisversorgung

Verena Heinzmann
Autor Verena Heinzmann
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