Umfassend angepasste berufsrechtliche Regelungen bringen die drei Ende Januar verabschiedeten, z.T. ‚sperrig‘ titulierten Gesetze mit sich und werden wohl zu einer längst überfälligen Reformierung des Berufsrechts – nicht nur der Anwälte – noch in der laufenden Legislaturperiode beitragen:
- ‚Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Dienstleistungsmarkt‘, womit den Anwälten Erfolgshonorare vereinfacht sowie Vereinbarungen zur Übernahme von Verfahrenskosten (Prozessfinanzierung) ermöglicht werden; u.a. um im Wettbewerb mit Legal Tech-Inkassodienstleistern bestehen zu können
- Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
- ‚Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften (BAÜG) sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe‘
Zentral, und daher z.T. als ‚große BRAO-Reform‘ gewertet, ist insbesondere Gesetzesvorhaben Nummer 3 mit zwei zentralen Zielen:
- größere gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit
- Erleichterung/Klärung interprofessioneller Zusammenarbeit
Inhaltlich geht es insbesondere um folgende Themenfelder:
- Erweiterung der Rechtsformen für BAÜG freier, beratender Berufe: alle nationalen sowie EU-weit anerkannten Rechtsformen sollen künftig auch für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Co. möglich sein. Bislang dürfen beispielsweise Rechtsanwälte (im Gegensatz zu steuerberatenden Berufen) nicht als GmbH & Co. KG firmieren. Ermöglicht werden damit auch doppelstöckige Gesellschaften.
- Interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen soll erleichtert und ausgeweitet werden, z.B. dürfen künftig Rechtsanwälte auch mit Ärzten, Apothekern, Architekten, Ingenieuren oder anderen, auch nicht verkammerten freien Berufen (z.B. Unternehmensberatern) kooperieren. (Ausnahme: Anwaltsnotare)
- Eigene ‚Rechtspersönlichkeit‘ (sogenannte Postulationsfähigkeit) von Berufsausübungsgesellschaften sowie Zulassungs-/Kammerpflicht und Gesellschaftsregister: Die BAÜGen sollen selbst Träger von Berufspflichten werden (nicht nur die dahinterstehenden natürlichen Personen) und künftig auch zulassungspflichtig sein; d.h. dass damit auch eine (Zwangs-)Mitgliedschaft in den entsprechenden Kammern einhergeht (Ausnahme: BGB-Gesellschaft). Das heißt die Kammer überprüft entsprechende, z.B. berufsrechtliche Voraussetzungen und führt ein Verzeichnis aller BAÜG. Letzteres ermöglicht gegenüber dem Verbraucher Transparenz über die Gesellschafter, die hinter einer BAÜG stehen.
- Konkretisierung und Liberalisierung der Bürogemeinschaft
- In einem entsprechenden Verzeichnis sollen fortan alle zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften erfasst werden und diese erhalten ein eigenes elektronisches Gesellschaftspostfach.
- Mit dem Gesetz wird das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (Interessenkollision) neu geregelt.
- Berufspflichtversicherung: damit geht auch einher, dass neben der persönlichen Berufshaftpflichtversicherung auch diese BAÜG einen entsprechenden Versicherungsschutz in Höhe von 2,5 Mio. Euro nachweisen müssen. Bei BAÜGs mit weniger als 10 Personen soll es Erleichterungen geben (1 Mio. Euro).
Die neuen Regelungen werden 13 Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten; betroffen sind dabei nicht nur Rechtsanwälte, sondern mit der Reformierung geht auch eine Anpassung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) sowie der Patentanwaltsordnung (PAO) einher.
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