Hausärzte in der Pandemie: Herausforderungen und Bewältigung

Hausärzte in der Pandemie: Herausforderungen und Bewältigung

Rückblickend haben die Hausärzte die Pandemiezeit gut bewältigt und maßgeblich dazu zur Entlastung des stationären Sektors beigetragen. Nach der Akutbehandlung und Impfungen steht aktuell die Therapie von Long-Covid-Patienten im Vordergrund, mit abnehmender Tendenz.

Der Branchenumsatz der Allgemeinmediziner stieg in 2022 um 1,8 % auf 14,3 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr an. Zum Teil ist dieser Umsatzanstieg noch auf die Corona-Regelungen sowie auf den gestiegenen Orientierungswert um 1,27% auf 11,2662 Cent zurückzuführen. Außerdem wird seit 2022 der erhöhte Hygieneaufwand mit einem Zuschlag von 2 Cent auf die Versichertenpauschale honoriert.
Die Fallzahlen haben wieder den Stand von 2019 erreicht und pegeln sich auf dem Vor-Corona-Niveau wieder ein.

Auch für 2023 lässt sich ein Anstieg des Branchenumsatzes aufgrund der Erhöhung des Orientierungswertes sowie der morbiditäts- und demografiebedingten Erhöhungen erwarten. Dem stehen allerdings höhere Kosten für Energie, Personal und steigender Inflation gegenüber. Zudem stieg während der Pandemie das Personal in den Praxen stark an. In vielen Arztpraxen wurde zusätzliches Personal für die Corona-Testung und Impfungen aushilfsweise eingestellt.

Gleichzeitig leiden allgemeinmedizinische Praxen zunehmend unter dem Mangel an qualifizierten Fachkräften, die aufgrund einer besseren Bezahlung in den stationären Bereich abwandern. Dort werden sie mit deutlich höheren Gehältern abgeworben, um wiederum den Mangel an Krankenpflege-Fachkräften in den nicht bettenführenden Abteilungen zu kompensieren.

Weniger allgemeinmedizinische Praxen in der ambulanten Versorgung

Die Zahl der Allgemeinmediziner in der vertragsärztlichen Versorgung ist weiter rückläufig. In 2022 sank deren Zahl um 375 auf noch 37.552. Gleichzeitig sank auch die Zahl der Arztpraxen. In 2020 gab es noch 36.249 hausärztliche Praxen, die um 760 auf 35.489 Praxen zurückgingen. Dieser Trend setzte sich in 2022 mit einer Abnahme von weiteren 779 Praxen auf dann noch 34.692 fort. Durch die Anstellung von Ärzten in Einzelpraxen oder kooperativen Strukturen wie Berufsausübungsgemeinschaften verändern sich die Praxen zunehmend hinsichtlich ihrer Größe.

Die Arbeitsbelastung von Hausärzten steigt

Die niedergelassenen Ärzte nehmen inzwischen den Mangel an Konkurrenten wahr. Das zeigt sich in den verbleibenden Praxen durch ein stark erhöhtes Patientenaufkommen und steigender Arbeitszeit. Insgesamt 46% der niedergelassenen Ärzte sagen, dass sie mehr Patienten versorgen.
Bei den Fachärzten berichten 41% von einer steigenden Arbeitsbelastung und bei den Hausärzten sind dies sogar 54%.

Entsprechend schwierig gestaltet sich die Nachfolgersuche für allgemeinmedizinische Praxen. Durch den Hausarztmangel sind in einigen Regionen viele Planungsbereiche für Allgemeinmediziner offen. Die Möglichkeit neuer Zulassungen führt dazu, dass Abgeberpraxen nahezu unverkäuflich sind.

Die ambulante Versorgung muss zukunftsfähig ausgestaltet werden

Der Frage, wie eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung aussehen kann, ist die Robert-Bosch-Stiftung nachgegangen.

Die hausärztlichen Praxen stehen unter hohem Kostendruck bei steigenden Erwartungen der Bevölkerung an eine qualitativ hochwertige Versorgung. Das Programm PORT- Patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung setzt mit Gesundheitszentren auf eine bedarfsgerechte regionale Versorgungsstruktur. Die Versorgung ist patientenorientiert und unterstützend ausgerichtet. In dem Netzwerk arbeiten verschiedene Gesundheitsberufe als multiprofessionelles Team zusammen.

Case-Manager helfen beispielsweise bei Anträgen oder Vermittlung eines Pflegedienstes. Sie kümmern sich um Verordnungen oder Rezepte und halten engen Kontakt zu den Arztpraxen. Dadurch werden insbesondere die Hausärzte entlastet. In Nordhessen hat das Gesundheitsnetzwerk PORT dazu beigetragen, dass freie Arztsitze wieder besetzt werden konnten.

 

Kommentar:

Die hausärztliche Versorgung, insbesondere die Allgemeinmedizin, leistet einen großen Beitrag zur ambulanten wohnortnahen Versorgung. Aktuell hat sie viele Probleme zu bewältigen. Ein wichtiger Schritt, die Budgetierung wie bei den Kinderärzten aufzuheben, ist noch nicht erfolgt. Dabei ist dies ein Ziel aus dem Koalitionsvertrag. Damit würden alle Basisleistungen tatsächlich in vollem Umfang vergütet werden. Allerdings ist das nicht die Lösung der vielen Probleme in der hausärztlichen Versorgung. Neben dem Geld sind es die strukturellen Probleme, die nicht oder nur im Rahmen von Modellprojekten angegangen werden.

Der Sachverständigenrat fordert schon seit Jahren, die hausarztzentrierte Versorgung zur Regelversorgung zu machen. Damit würde der ungesteuerte Zugang in die fachärztliche Schiene unterbunden und die Fehlversorgung reduziert werden. Die hausärztliche Versorgung könnte damit ihrer Steuerungsfunktion gerecht werden und ihr Ansehen innerhalb der Ärzteschaft könnte steigen.

Der Ansatz der Primärversorgung mit anderen Fachgruppen und nichtärztlichen Therapeuten könnte ebenfalls zur besseren Patientenversorgung beitragen. Hier könnte Österreich ein Vorbild sein, das aktuell landesweit Primärversorgungseinheiten aufbaut.

Quelle: GESUNDHEITSMARKTWISSEN

Andrea Kern-Schnur
Autor Andrea Kern-Schnur
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