Die Vorzeichen für die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden hausärztlichen Versorgung in Nordrhein und Westfalen-Lippe stehen schlecht. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Online-Umfrage der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen. Insgesamt 86,6% der teilnehmenden – überwiegend in Westfalen-Lippe situierten – Kommunen gehen davon aus, dass die hausärztliche Versorgung in den kommenden 10 Jahren (eher) nicht gesichert sein wird.
Unter den Ursachen für die künftigen Versorgungsengpässe steht der allgemeine Mangel an Hausärzten auf Platz 1 (91,4%), gefolgt von der hohen Arbeitslast (56,2%). Ein Drittel der Umfrageteilnehmer halten die benachteiligte geografische Lage der Kommune für ursächlich, während die lokale Unterversorgung aufgrund zu großer Planungsbereiche (25,3%), unattraktive Verdienstmöglichkeiten (18,5%) und fehlende Arbeitsangebote für die Lebenspartner weniger ins Gewicht fallen.
Die Ergebnisse zur Einschätzung der Versorgungslage fielen ähnlich aus, unabhängig von der Größe, Raumstruktur, der zuständigen KV oder der Lage im städtischen oder ländlichen Umfeld. Dies lässt auf ein generelles Unterversorgungsproblem schließen, das ganz Nordrhein-Westfalen betrifft.
Kommunen sehen primär die KV und das Land in der Verantwortung
Generell lässt sich beobachten, dass Kommunen mittlerweile eine aktivere Rolle in der ambulanten Gesundheitsversorgung übernehmen. Die Umfrage belegt jedoch, dass die Kommunen ihren Handlungsspielraum für beschränkt halten und sich ferner in der Rangfolge für die Übernahme der Verantwortung für die Sicherstellung der Versorgung mit einer Zustimmungsrate von 37,5% deutlich hinter den KVen (85,4%), den Ländern (72,4%), den Kassen (44,3%) und dem Bund (39,1%) sehen. Gut die Hälfte der befragten (Ober)Bürgermeister (56,7%) beurteilen ihre Einflussnahmemöglichkeiten auf die Sicherstellung der ambulanten Versorgung als (sehr) gering. Knappe 46% wünschen sich mehr Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf die Sicherstellung der Versorgung im hausärztlichen Bereich und knapp 64% vertreten die Auffassung, dass MVZ in der Form kommunaler Eigenbetreibe nicht oder eher nicht für ihre Kommune geeignet sind.
Kommentar:
Die Umfrage lässt darauf schließen, dass die Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung vor Ort für die Kommunen ein wichtiges Thema ist, sie jedoch (noch) nicht über die erforderlichen Kompetenzen und das Fachwissen verfügen, um selbst eine aktive Rolle – z.B. in Form eines kommunalen MVZ oder einer kommunalen Eigeneinrichtung – zu übernehmen. Dies erklärt, weshalb trotz der 2015 eingeführten gesetzlichen Möglichkeiten die Anzahl kommunaler MVZ bisher sehr begrenzt geblieben ist.
Quelle: Thieme – Die zukünftige Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung aus kommunaler Perspektive