Hessen weiteres Bundesland mit hausärztlicher Unterversorgung

Hessen weiteres Bundesland mit hausärztlicher Unterversorgung

Auch in Hessen gibt es nun den ersten hausärztlich unterversorgten Landkreis. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) im Rahmen des KVH-Angebots „Fokus Gesundheit“ hervor.

Wie steht es um die hausärztliche Versorgung in Hessen insgesamt?

In der Kleinstadt Sontra im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis ist der Versorgungsgrad mit den festgestellten 65% (7 Ärzte in 7 Praxen) unter die für eine Unterversorgung relevante Schwelle von 75% gesunken. Derzeit sind in Sontra 4,5 freie Sitze unbesetzt. Mit einem Versorgungsgrad zwischen 100 und 75% befinden sich bei den Hausärzten 23 weitere Mittelbereiche an der Schwelle zur drohenden Unterversorgung. Besonders die drei Mittelbereiche Allendorf (Eder)/Battenberg, Borken und Witzenhausen sind mit Versorgungsgraden zwischen 75 und 80% ebenfalls von einer hausärztlichen Unterversorgung bedroht.

„Fokus Gesundheit“ liefert aktuelle Daten zur Versorgungssituation in Hessen

„Fokus Gesundheit“ stellt für alle hessischen Landkreise und kreisfreien Städte in Form von Dossiers umfangreiche Auswertungen zur örtlichen Versorgungssituation inklusive der fachgruppenbezogenen Versorgungsgrade zur Verfügung. Ferner enthalten sind Angaben zu den Altersstrukturen, um Rückschlüsse auf künftige Nachbesetzungsbedarfe zu schließen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich Versorgungslücken aufgrund einer überalternden Ärzteschaft im kommenden Jahrzehnt verschärfen werden. Ziel der Feststellung des Status quo und der Bereitstellung ausführlicher Informationen ist es, auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen und insbesondere Jungmedizinern sowie Medizinstudierenden die Möglichkeiten zur Niederlassung in Hessen aufzuzeigen. Zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung in Hessen soll auch die im Frühjahr 2022 eingeführte Landarztquote bzw. Quote für Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst beitragen.

Gibt es in Hessen auch eine fachärztliche Unterversorgung?

Auch in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung, welche die Fachgruppen der Augenärzte, Chirurgen und Orthopäden, Frauenärzte, Hautärzte, HNO, Nervenärzte, Psychotherapeuten, Urologen, sowie Kinder- und Jugendärzte einbeziehen, ist bereits eine Unterversorgung feststellbar. Gegenwärtig jedoch nur in einer Region und Fachgruppe. Obwohl diese im fachärztlichen Bereich erst ab dem Unterschreiten der Schwelle von unter 50% erreicht wird, gilt der Landkreis Hersfeld-Rotenburg mit einem Versorgungsgrad von 31% als hautärztlich unterversorgt. Haut- und Augenärzte zählen in der gesamten Region Hessen zu den am ehesten von Unterversorgung bedrohten Fachgruppen.

Die restlichen Fachgruppen fallen in den Bereich der spezialisierten fachärztlichen Versorgung (Anästhesisten, Fachinternisten, Kinder- und Jugendpsychiater, Radiologen) bzw. der gesonderten fachärztlichen Versorgung (Humangenetiker, Laborärzte, Neurochirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen, Physikalische- und Rehabilitations-Mediziner, Strahlentherapeuten, Transfusionsmediziner). Auch zu diesen Fachgruppen stellt das Angebot „Fokus Gesundheit“ Informationen zur Versorgungssituation bereit.

Kommentar:

Die Bedarfsplanung ist abhängig von der Bevölkerungszahl sowie einem zusätzlich einbezogenen Demografiefaktor, der die Altersstruktur einer Region berücksichtigt. Demzufolge sind mit einem steigenden Anteil älterer Patienten mehr Ärzte/eine höhere ärztliche Dichte (und damit die Möglichkeit zur Abweichung von der Bedarfsplanungsrichtlinie) zugelassen, da gegebenenfalls ein höherer Versorgungsbedarf angenommen wird.

Angestrebt wird ein Verhältnis von 100%. Gemessen an diesem Referenzwert, gibt es den Status offen und gesperrt. Offene Planungsbereiche haben in der Regel einen Versorgungsgrad von <110%. Niederlassungswillige haben dabei uneingeschränkt die Möglichkeit zur Gründung, Übernahme oder zum Einstieg in eine Praxis. Es ist kein Warten auf eine freiwerdende Praxis erforderlich.

In geschlossene Planungsbereichen ist von einem Versorgungsgrad >110% auszugehen. Für eine Niederlassung muss ein Sitz frei werden.

Quelle: KV Hessen – Daten zur ambulanten Versorgung in Hessen

Nadine Brohammer
Autor Nadine Brohammer
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