Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat einen alarmierenden Stichtag für die ambulante Versorgung in Deutschland ausgerufen: den sogenannten „Zero Pay Day“. Seit dem 15. November erhalten niedergelassene Ärzte bei der Umrechnung von quartalsbezogenen Mengenbegrenzungen auf ein Jahr statistisch gesehen keine Vergütung mehr für die meisten Behandlungen von gesetzlich versicherten Patienten. Dieser finanzielle Engpass ist das Resultat von Mengen- und Budgetgrenzen, welche von den Krankenkassen sowie dem Gesetzgeber festgelegt wurden. Solche Begrenzungen legen die maximal abzurechnende Leistungsmenge fest, die gemäß der Gebührenordnung (EBM) vergütet wird. Problematisch ist laut KBV, dass diese Vorgaben nicht an die tatsächlichen Bedarfskriterien wie Alter, Geschlecht oder Krankheitslast der Bevölkerung angepasst sind und daher seit Jahren zu gering ausfallen. Ein gewisser Anteil an Behandlungen wird folglich nicht vergütet. Aktuell liegt dieser Anteil bei rund 10%.
Massive Kontakteinschränkungen als Auswirkung der Budgetgrenzen
Trotz der statistisch betrachtet unvergüteten Behandlungen haben die niedergelassenen Ärzte ihre Praxen weiterhin geöffnet. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat nun berechnet, wie gravierend die Folgen dieser finanziellen Begrenzungen sein könnten, wenn die Praxen seit dem 16. November geschlossen bleiben würden. Bis zum Jahresende prognostiziert das Zi einen Ausfall von ca. 125 Millionen Arzt-Patienten-Kontakten. Diese Zahl verdeutlicht das Ausmaß der potenziellen Einschränkungen für die Bevölkerung. Betroffen wären insbesondere chronisch kranke Patienten mit Diabetes, akuten Atemwegserkrankungen oder Rückenschmerz (vgl. Abb.).
Abb.: Potenziell entfallende Arzt-Patienten-Kontakte in Millionen im Zeitraum 16.11. – 31.12.2023
Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Darstellung REBMANN RESEARCH
Langfristige Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung
Das Zi weist darauf hin, dass eine anhaltende finanzielle Belastung von Praxen aufgrund der Nichtvergütung von Leistungen die ambulante Versorgungssicherheit in Deutschland gefährden kann. Das Berufsbild des niedergelassenen Arztes wird unattraktiver, wodurch sich angehende Ärzte eher gegen eine Niederlassung entscheiden: Folglich werden Arztsitze nicht mehr adäquat besetzt, Praxisteams überlastet und die Wartezeiten für Termine länger.
Kommentar:
Die KV Berlin reagiert auf die Finanzierungslücken mit einem neuen Verteilungsmaßstab, der ab 1.1.2024 in Kraft tritt. Dieser sieht vor, dass 10% weniger Behandlungsfälle im Regelleistungsvolumen der Praxen enthalten sind. Der Fallwert steigt hingegen, sodass das Budget identisch bleibt. Ab Januar sollen in Berlin nur noch so viele Patienten behandelt werden, wie auch von den Krankenkassen vergütet werden. Für die Patienten bedeutet dies eine Reduktion der zur Verfügung stehenden Behandlungstermine. Die KV Berlin will mit dem neuen Verteilungsmaßstab der Politik sowie den Kassen zeigen, dass das Gesundheitswesen ausreichend finanziert werden muss, um zukünftig funktionsfähig zu bleiben.
Quellen: