Krankenhausreform Teil 1: eklatanter Fehlstart für den Klinik-Atlas

Krankenhausreform Teil 1: eklatanter Fehlstart für den Klinik-Atlas

Seit dem 17.5.2024 ist der bundesweite Klinik-Atlas als erster Teilschritt der geplanten großen Krankenhausstrukturreform unter bundes-klinik-atlas.de online. Ziel des interaktiven Klinik-Vergleichsportals des Bundes ist es, Patienten bei der Auswahl eines geeigneten Krankenhauses zu unterstützen und die Qualität der Kliniken in den jeweiligen Leistungsbereichen transparent darzustellen. Die Suchfunktion richtet sich nach Region und Art der Behandlungsleistung. Die Ergebnisliste der relevanten Krankenhäuser umfasst neben den Fallzahlen der relevanten Indikation auch den Pflegequotienten des gesamten Krankenhauses sowie eventuell geltende Mindestmengen und Zertifizierungen (zum gegenwärtigen Stand nur die Zertifikate der Deutschen Krebsgesellschaft und für die Endoprothetik). Daneben ist die jeweilige Notfallversorgungsstufe ausgewiesen. Hinsichtlich der Zahl der Behandlungsfälle und des Pflegepersonalquotienten erfolgt eine Bewertung anhand eines fünfstufigen „Tachosystems“. Nutzer haben die Möglichkeit, verschiedene Kliniken auszuwählen und direkt miteinander zu vergleichen.

Kontinuierliche Weiterentwicklung geplant

Das Bundesgesundheitsministerium ist Betreiber des Portals, während die Umsetzung durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) erfolgt. Künftig soll der Klinik-Atlas laufend aktualisiert und weiterentwickelt werden. Noch im laufenden Jahr ist die Aufnahme folgender weiterer Kriterien geplant: Komplikationsraten bei Operationen, Zuordnung der Krankenhäuser zu sog. Level und Leistungsgruppen sowie Ausweis der Arztzahlen nach Leistungsgruppen, Operationen und unter Berücksichtigung der Schweregrade.

 

Kommentar:

Ob der Klinik-Atlas gegenwärtig den Patienten tatsächlich den versprochenen Mehrwert bietet, ist fraglich. Die Kritik am neuen Portal fällt massiv aus und wächst täglich. Während die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die Maßnahme als „politischen Aktionismus auf Kosten des Steuerzahlers“ bezeichnet, bemängeln andere Akteure unvollständige, veraltete oder sogar eklatant falsche Daten. Laut einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) finden sich bei rund 80% der Kliniken zahlreiche falsche Informationen. Patientenvertreter weisen angesichts der Fehlinformationen auf die Gefahr eines Vertrauensschadens hin und die Regierungsopposition plädiert für eine sofortige Abschaltung des Portals.

Falsche Reihenfolge der Reformschritte

Mit Blick auf die sich zuspitzenden Probleme der deutschen Krankenhäuser stellt sich die Frage, weshalb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in die geplante ehrgeizige Strukturreform mit einem Klinikportal einsteigt, das erst nach der Umsetzung der Gesamtreform überhaupt Sinn ergeben kann. So sollen z.B. künftig Kliniken mit geringen Fallzahlen in ausgewählten Leistungsbereichen, die entsprechenden Leistungen gar nicht mehr anbieten (dürfen). Ferner gab/gibt es bereits gute und ausbaufähige Klinikvergleichsportale mit deutlich nutzerfreundlicherer Ausgestaltung. Die Signale, die von der Umsetzung des ersten Reformschritts ausgehen, sind verheerend. Auf Krankenhäuser, die unter massiven Wirtschaftlichkeitsproblemen und Personalmangel leiden und auf Patienten, die immer längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, mutet der Einsatz finanzieller Ressourcen in einen Klinik-Atlas mehr als grotesk an.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit – Bundesweiter Klinik-Atlas geht online

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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