MDR/IVDR: Handlungsbedarf zur Sicherstellung der Patientenversorgung

MDR/IVDR: Handlungsbedarf zur Sicherstellung der Patientenversorgung

Der BVMed sieht in den Regularien der Medical Device Regulation (MDR) und der In-vitro-Diagnostika-Regulation (IVDR) eine Gefährdung der Patientenversorgung aufgrund eines hierdurch provozierten Marktaustritts vieler Produkte. Die Anzahl der Benannten Stellen, die für die Zertifizierung verantwortlich sind, ist bis dato zu gering. Die aktuell 28 bzw. 7 Benannten Stellen unter der MDR bzw. IVDR können den bestehenden Bedarf nicht decken. Einer Schätzung zufolge könnten nahezu ein Drittel der Medizinprodukte nach Ablaufen der Übergangsfrist bis 26.5.2024 vom Ausscheiden aus dem Markt, aufgrund der neuen Regularien, betroffen sein.

Aus diesem Grund hat der BVMed in Zusammenarbeit mit dem Verband der Diagnostica-Industrie ein Bündel an Forderungen ausgearbeitet:

  • Massive Erhöhung der Kapazität der Benannten Stellen, wofür Anreize gesetzt werden müssen, Beschleunigung des Joint-Assessment-Verfahrens für Neubenennungen gleichermaßen wie des Re-Assessments, allen Herstellern muss der Zugang zu Benannten Stellen gleichermaßen möglich sein
  • Der Einsatz vorhandener Ressourcen muss zielgerichteter erfolgen, was eine Fokussierung von QMS-Audits und Reviews technischer Dokumentationen notwendig macht. Mögliche Maßnahmen: die Bewertungstiefe an der Klasse und der Neuartigkeit des Produkts festmachen, im Gegenzug Bürokratiehindernisse für unerhebliche Produktmodifikationen (Legacy Devices) beseitigen, Nischenprodukten besondere Aufmerksamkeit durch europaweit harmonisierte Sonderregelungen einräumen
  • Wiederherstellung der Innovationskraft: Durch die neuen Regelungen besteht eine gesteigerte Schwierigkeit neue Produkte in Verkehr zu bringen. Hersteller, die noch keine neue Benannte Stelle finden konnten, haben mit neuen Produkten aktuell keinen Zugang zum Markt und auch bei der Überführung von Bestandsprodukten gibt es große Hürden.
    Die hier geltenden zeitlich begrenzten Übergangsfristen bewirken eine Verlagerung der Ressourcen auf die Bestandsprodukte. Nur so kann die durchgehende Marktverfügbarkeit bestehender Therapien sichergestellt werden. In der Folge bringen diese Entwicklungen jedoch eine Schmälerung der Innovationsfähigkeit mit sich. Hierbei könnte die Einführung eines Fast-Track-Verfahrens Abhilfe schaffen.
  • Verschiebung des Übergangszeitraums: Die Übergangsfrist bis 26.5.2024 sollte verlängert, das Enddatum für den Weiterverkauf bereits zertifizierter Produkte (26.5.2025) gestrichen werden.
  • Gesonderte Bestimmungen für IVDR Produkte Klasse D: Diese Produkte gleichermaßen wie therapiebegleitende Diagnostika (Companion Diagnostics) haben die kürzeste Übergangszeit, jedoch mit 16 bis 24 Monaten das langwierigste Zulassungsverfahren, bei einem gleichzeitig noch nicht etablierten Prozess, diese Diskrepanz sollte dringend aufgelöst werden.

 

Kommentar:

Nach der alten Gesetzgebung konnten alle Benannten Stellen zusammengenommen über den Zeitraum von fünf Jahren 25.000 Zertifikate ausstellen. Aktuell wird von einer erheblich erniedrigten Kapazitätserreichung für Medizinprodukte von 50 und für In-vitro-Diagnostika von 30% ausgegangen. Gleichzeitig liegt der Aufwand für die Zertifizierung nach den neuen Regularien bei geschätzt dem Doppelten im Vergleich zu zuvor und die Zahl von Produkten, bei denen eine Benannte Stelle einzubinden ist, ist stark erhöht.

Die gesunkene Geschwindigkeit bei der Zulassung ist zusätzlich auch auf einen situationsbedingten Mangel an Erfahrung mit der neuen Gesetzgebung bei der Zulassung zurückzuführen und ein weiterer Grund für die Aussichtslosigkeit bei der Einhaltung der Übergangsfrist.

Quelle: BVMed e.V. – Gemeinsames Positionspapier BVMed und VDGH | Sofortprogramm MDR/IVDR: Kapazitäten der Benannten Stellen ausbauen

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