Nach der in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V enthaltenen Legaldefinition sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen in das Arztregister eingetragene Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, eingeschränkt von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 III SGB V oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder – seit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.7.2015 – auch von Kommunen in Form einer Personengesellschaft, eingetragenen Genossenschaft, einer GmbH oder (ebenfalls neu) in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform gegründet werden. Dies gilt ab dem 1.1.2012, die zu diesem Zeitpunkt bereits zugelassenen Versorgungszentren gelten unabhängig von Trägerschaft und Rechtsform unverändert fort (Gründer konnten seinerzeit z. B. auch Apotheken sein). Das Erfordernis des Fachübergreifens eines MVZ besteht seit dem GKV-VSG ebenfalls nicht mehr. Jetzt sind auch „fachgleiche“ MVZ zulässig, also beispielsweise reine Hausarzt-MVZ.
Gründung
Die Gründung ist im Wesentlichen in folgenden zwei Grundformen möglich:
Einbringung der Einzelpraxen und Vertragsarztzulassungen | Zusammenschluss unter Erhaltung der Vertragsarztstellung |
Die Änderung einer Berufsausübungsgemeinschaft-GbR in eine MVZ-GbR führt regelmäßig zu keinen Besonderheiten, da die steuerliche Mitunternehmerschaft fortbesteht
Arzt gibt Vertragsarztzulassung auf
- Übertragung Praxis sowie kassenärztliche Zulassung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf das MVZ: Übertragung kann gemäß § 20 UmwStG in eine MVZ-Kapitalgesellschaft bzw. gemäß § 24 UmwStG in eine MVZ-Personengesellschaft steuerneutral erfolgen. Seit dem Steueränderungsgesetz 2015 vom 2.11.2015 ist in beiden Fällen auch die neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten eingeschränkte Begünstigung der Gewährung sonstiger Gegenleistungen zu beachten. Zu beachten ist ein aktuelles BSG-Urteil, nach welchem die MVZ-Gründung durch Verzicht des Arztes auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung in „seinem“ MVZ (sogenanntes Anstellungsmodell) nicht zulässig ist, wenn der Einbringende dieses beherrscht. Die Hürden auf dem Weg zu einer steuerneutralen MVZ-Gründung wurden somit deutlich erhöht.
- Praxisverkauf an das MVZ: Der Veräußerungsgewinn unterliegt der Einkommensteuer, kann allerdings unter den Voraussetzungen der §§ 16, 34 EStG steuerbegünstigt sein. Die Steuerbegünstigung wird jedoch u. a. nicht gewährt, soweit auf der Seite des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind.
Arzt gibt Vertragsarztzulassung nicht auf
- Übertragung Praxis ohne Vertragsarztzulassung: Nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG steuerfrei möglich, sofern es sich bei der aufnehmenden Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt und die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Soweit Verbindlichkeiten mitübertragen werden, kann dies allerdings zu einem (teil-)entgeltlichen Rechtsgeschäft führen. Die steuerrechtliche Behandlung eines solchen teilentgeltlichen Rechtsgeschäfts, insbesondere die Ermittlung des Veräußerungsgewinns wurde auf Vorlage des Zehnten Senats des BFH X R 28/12 mit (Beschluss vom 27.10.2015 , X R 28/12, BStBl. II 2016, S. 81) mit beim Großen Senat des BFHBFHs (Az. GrS 1/16) anhängig. Dieser hat am 30.10.2019 das Verfahren GrS 1/16 eingestellt, da der Rechtsgrund für eine Entscheidung verfiel. Wird die Praxis auf eine Kapitalgesellschaft übertragen, wirdist die steuerfreie Übertragungsmöglichkeit gemäß § 20 UmwStG keine Anwendung findenäußerst fraglich, da die Vertragsarztzulassung nach Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist, deren Nichteinbringung die steuerfreie Übertragungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift ausschließt.
- Praxisverkauf ohne Vertragsarztzulassung an MVZ: Der Veräußerungsgewinn ist laufender Gewinn. Die Steuerbegünstigungen der §§ 16, 34 EStG finden keine Anwendung, da die Vertragsarztzulassung, die i. d. R. als wesentliche Betriebsgrundlage gilt, zurückbehalten wird und grundsätzlich weiterhin Betriebsvermögen ist, also keine für die Steuerbegünstigung erforderliche Gewinnrealisierung stattfindet. Zudem dürfte von einer steuerschädlichen Fortführung der ärztlichen Tätigkeit auszugehen sein.
Kommentar:
“Mehr Infos zu allen Fragen rund um das Management einer Arzt- oder Zahnarztpraxis finden Sie in der Publikation “Praxiswissen” unter https://www.rebmann-research.de/publikationen/. Der Anspruch dieses XXL-Werkes ist es, zu allen Fragen rund um das Management einer Arzt- oder Zahnarztpraxis eine fundierte Hilfestellung zu bieten.
Neben der Publikation “Praxiswissen” finden Sie in unserem digitalen Wissensportal Gesundheitsmarktwissen zahlreiche weitere fachgruppenspezifische Marktstudien und Publikationen mit vielen wirtschaftlichen Daten, die keine Managementfragen für die Heilberufe und deren Beratung offenlassen.”
Quelle: PUBLIKATIONEN