MedTech: Nachhaltigkeit ist ein großer Faktor für die Zukunftsfähigkeit

MedTech: Nachhaltigkeit ist ein großer Faktor für die Zukunftsfähigkeit

Um die Zukunftsfähigkeit der Medizintechnik zu sichern, müssen bereits heute verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden. Das geht aus einer Studie der BIOPRO Baden-Württemberg GmbH hervor. In Baden-Württemberg sind mehr als 1.000 Unternehmen der Gesundheitswirtschaft ansässig. 840 davon gehören der Branche der Medizintechnik an. Die industrielle Gesundheitswirtschaft leistet einen Beitrag zur absoluten Bruttowertschöpfung von 17,1 Mrd. Euro sowie 40,3 Mrd. Euro absoluten Exportbeitrag.

Gesundheitsindustrie: Nachhaltigkeitsaspekte müssen berücksichtigt werden

Die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen übersteigt bereits seit Anfang der 1970er Jahre das von der Erde zu regenerierenden Angebot. Zu verzeichnende Extremwetterereignisse und sich ausbreitende Infektionskrankheiten lassen bereits erste Folgen des Temperaturanstiegs erkennen. In den vergangenen beiden Jahrzehnten resultierten laut einer Hochrechnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz aus Naturkatastrophen in Deutschland rund 6,6 Mrd. Euro an Schäden. Auch das Gesundheitssystem ist durch die Entwicklungen zunehmend belastet. Hinzu kommt, dass der Gesundheitssektor 4,4% der weltweiten Nettoemissionen zu verantworten hat. Auf nationaler Ebene gesehen liegt die Emission in Deutschland sogar bei 5,2%. Mit 71% stammen fast drei Viertel der Emissionen innerhalb der Versorgungskette aus der Produktion, dem Transport und der Entsorgung von Waren und Dienstleistungen wie Arzneimittel, Medizintechnikgeräte, Instrumente oder Krankenhausausstattung. Aufgabe der Industrie ist es, die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und erneuerbarer Energien zu forcieren, Ressourcen effizienter zu nutzen und eine Kreislaufwirtschaft voranzutreiben.

Ansatzpunkt liegen in den Materialien, der Wiederverwertung, der Verpackung und erneuerten Geschäftsmodellen

Im Vorlauf der BIOPRO-Studie fand im Rahmen der Veranstaltung „Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit: Ökodesign in der Medizintechnik“ ein Austausch und Workshops mit den Unternehmen statt, die mit dem Thema Nachhaltigkeit einhergehende Chancen und Herausforderungen identifizierten und diskutierten. Aktuell bedeutet die Entwicklung und Herstellung klimaneutraler Produkte noch eine große Herausforderung für die Unternehmen, insbesondere weil herkömmliche Materialen noch günstiger sind und spezielle Eigenschaften wie Sterilität, Biokompatibilität, Alterungs- und Hitzebeständigkeit sicherzustellen sind. Ein möglicher Lösungsansatz in diesem Kontext könnte künftig die Verwendung von Beschichtungen darstellen. Jedoch ist der Einsatz neuer Materialien in der Medizintechnik immer mit einem zusätzlichen Zulassungsverfahren verbunden. Die Teilnehmer diskutierten zudem Verbesserungspotenzial der Abfalltrennung in Kliniken. Erste Unternehmen, die sich mit der Aufbereitung gebrauchter Medizinprodukte befassen, engagieren sich bereits in diesem Bereich. Ein weiterer Ansatzpunkt liegt in den Verpackungen. Auch hier gibt es im medizintechnischen Bereich spezielle Anforderungen zu beachten. Darunter fallen die Gewährleistung von Sterilität, Platz zur Erfüllung der Kennzeichnungspflicht oder ein ebenfalls zu durchlaufender, separater Zulassungsprozess für (geänderte) Verpackungen. Dennoch besteht das gesteckte Ziel in der Reduzierung des Verpackungsmülls, sowohl für Kliniken als auch für Hersteller. Laut EU-Aktionsplan sollen bis 2025 zudem bis zu 70 Gewichtsprozente aller Verpackungsabfälle reduziert werden bspw. durch Optimierung des Verpackungsdesign hinsichtlich Recyclingfähigkeit. Nicht zuletzt erfordern entsprechende Änderungen der Unternehmen eine Anpassung bestehender Systeme, neue Strukturen und Geschäftsmodelle, um die Wirtschaft kreislauffähig zu gestalten und eingesetzte Materialien zu reduzieren. Ein Beispiel könnten Service- und Mietmodelle wie Leasing oder On-Demand-Ansätze sein sowie Geschäftsmodelle, die Ansätze von Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung) fokussieren, um die Langlebigkeit genutzter Geräte zu erhöhen.

Hinsichtlich eines Punktes waren sich die Unternehmen der Medizintechnik einig. Um das Ziel, die Nachhaltigkeit der Gesundheitswirtschaft zu steigern, erreichen zu können, bedarf es einer Vernetzung aller Akteure, die in Zusammenarbeit und Kooperation an der nachhaltigen Transformation aller Wirtschaftsbereiche arbeiten.

 

Kommentar:

Fazit: Um das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zur erreichen besteht in der Medizintechnik noch großer Handlungsbedarf. Auch wenn viele der Unternehmen bereits über das Bewusstsein verfügen und Ansätze für das Angebot nachhaltiger Medizinprodukte verfolgen, ist ein wichtiger Schritt weiter für das Thema zu sensibilisieren. Aktuell gilt es in diesem Zusammenhang vier Ansatzpunkte zu thematisieren, die sich aus den mit der Medizintechnik im Vorlauf der BIOPRO-Studie durchgeführten Workshops ergaben:

  • Materialreduktion und Alternativen für Werkstoffe
  • Kreislauffähigkeit von Produkten (z.B. recycelter Stahl zur Herstellung von Pinzetten und Scheren, aktuell jährlich 22 Mio. Einwegartikel im Umlauf oder recyclingfähige/biobasierte Kunststoffe)
  • Reduktion und Umweltfreundlichkeit von Verpackungen
  • neue Geschäftsmodelle, um diese Entwicklungen voranzubringen

Quelle: BIOPRO Baden-Württemberg GmbH – Jetzt geht’s rund: Kreislaufwirtschaft in der Medizintechnik – Studie „Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit: Ökodesign und Kreislaufwirtschaft in der Medizintechnik“ veröffentlicht

Nadine Brohammer
Autor Nadine Brohammer
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