Das bundesweit einzigartige Förderprogramm „Mit Praxis zur Praxis“ der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und des Kreises Herford unterstützt Ärzte mit allgemeinmedizinischer Facharztausbildung, die bislang weniger als drei Jahre in der ambulanten Versorgung in Westfalen-Lippe tätig waren, bei der Niederlassung in der Region. Weitere Voraussetzungen sind neben der Facharztausbildung, ein Arztregistereintrag sowie ein Maximalalter von 55 Jahren. Die Teilnehmer – die im Rahmen des Programms sogenannten Praxismacher – bekommen über ein Jahr lang die Möglichkeit bis zu zwei Hausarztpraxen kennenzulernen, um sich für oder gegen die Niederlassung in einer Gemeinschaftspraxis oder einer eigenen Praxis zu entscheiden. Das innerhalb dieses Jahres bezogene Gehalt (monatliches Bruttogehalt 7.500 Euro) der Programmteilnehmer übernimmt die KVWL. Ein begleitendes Seminarprogramm – beispielsweise zur Abrechnung oder digitalen Transformation – dient der Vorbereitung für die spätere hausärztliche Tätigkeit und soll mögliche Bedenken, die der Gründung oder Übernahme einer Praxis vorausgehen, beseitigen. Teilnahmewillige können sich für das Programm in Herford jederzeit anmelden. Die Durführung ist sowohl in Voll- als auch Teilzeit möglich.
Ein besonderer Fokus liegt auf unterstützenden Seminaren
Das spezifische Seminarprogramm zielt auf die passgenaue Vermittlung von Kenntnissen, die den Allgemeinmedizinern den Schritt in die Niederlassung erleichtern. Im Juni und August vergangenen Jahres fanden bereits zwei Seminartage zu den Themen digitale Transformation und Abrechnungsmöglichkeiten in der ambulanten Versorgung statt. Diesen Januar befasste sich ein drittes Seminar der KVWL und Ärztekammer Westfalen-Lippe mit grundsätzlichen Aspekten des Berufsrechts, Werbe- und Marketingmöglichkeiten für Hausarztpraxen sowie den Anwendungen zur Telematikinfrastruktur wie der elektronischen Patientenakte und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Veranstaltungen bieten zudem die Möglichkeit zum unmittelbaren Austausch mit Experten.
Kommentar:
Die ambulante medizinische Versorgung weist besonders im hausärztlichen Bereich in Westfalen-Lippe ihre Schwächen auf. Wie der ATLAS MEDICUS® Infodienst zeigt, nahmen hier im Jahr 2021 insgesamt 3.302 Allgemeinmediziner an der Versorgung teil, davon 2.667 Vertragsärzte. Im Fünfjahresvergleich ergibt sich hier ein Minus von 4,6 Prozentpunkten (2017: 3.456 teilnehmende Allgemeinmediziner). Die aktuell von einem Allgemeinmediziner zu versorgende Einwohnerzahl liegt bei 3.093 Einwohnern, nur in Bremen (3.270), Berlin (3.260) und Nordrhein (3.157) ist die Zahl der von einem Allgemeinmediziner zu versorgenden Einwohner noch höher. Zudem ist damit zu rechnen, dass diese Zahl weiter steigen wird, da mehr als 40% der Allgemeinmediziner in Westfalen-Lippe der Altersgruppe 60+ angehören. Mit dem Ziel die Situation zu entspannen, soll nun das Hausarztprogramm „Mit Praxis zur Praxis“ als Entscheidungshilfe für eine hausärztliche Niederlassung in der Region Westfalen-Lippe dienen.