Mundgesundheit in Deutschland hat sich weiter verbessert

Mundgesundheit in Deutschland hat sich weiter verbessert

Ergebnisse der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie vorgestellt

Seit dem Jahr 1989 erforscht das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in regelmäßigen Abständen, wie es um die Mundgesundheit in Deutschland steht.

Für die aktuelle Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS 6) wurden in den Jahren 2021 bis 2023 rund 3.400 Personen verschiedener Alters- und sozialer Gruppen in einer repräsentativen Erhebung an 90 Studienzentren in Deutschland befragt und zahnmedizinisch-klinisch untersucht. Am Montag, den 17.3.2025 stellten IDZ, KZBV und BZÄK in einer gemeinsamen Pressekonferenz die Ergebnisse vor.

Die wichtigsten Ergebnisse von DMS 6

Die Mundgesundheit der Bevölkerung in Deutschland hat sich weiter deutlich verbessert.

Nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse für die einzelnen oralen Krankheitsbilder:

Karies

Bei der Kariesbekämpfung erweist sich Deutschland als besonders erfolgreich:

  • 60% der jüngeren Kinder sind inzwischen komplett kariesfrei (bei den ersten beiden DMS-Studien der Jahre 1989 und 1992 waren es nur 21%).
  • Bei den älteren Kindern (die den Zahnwechsel vom Milchzahngebiss zu den bleibenden Zähnen in der Regel bereits hinter sich haben) beträgt der Anteil sogar 78% (1989/1992: 14%). Bei den Kindern mit Karieserfahrung sind im Durchschnitt mit 0,5 deutlich weniger Zähne betroffen als dies noch in den Jahren 1989/1992 der Fall war (4,9).
  • Bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) hat sich die Kariesprävalenz seit 1989 halbiert (2023: 8,3 betroffene Zähne gegenüber 16,9 in 1989/1992). 6,9% sind inzwischen komplett kariesfrei (1989/1992: 0,4%).
  • Obwohl jüngere Senioren über immer mehr eigene Zähne verfügen (die potenziell an Karies erkranken können), ist auch bei diesen die Kariesprävalenz rückläufig (siehe Abbildung).

Karieserfahrung bei jüngeren Seniorinnen und Senioren

Quelle: IDZ/DMS 6

Fehlende Zähne

Auch bei diesem oralen Krankheitsbild zeigen sich günstige Werte und weitere signifikante Verbesserungen:

  • Bis zu ihrer Lebensmitte verfügen die Menschen hierzulande in der Regel noch über ein vollständiges Gebiss.
  • Die Zahl der komplett zahnlosen jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) ist seit der letzten Erhebung erneut deutlich auf nur noch 5% gesunken.
  • 5,4% der 65- bis 74-Jährigen sind noch ohne Zahnersatz.

Molare Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) bei Kindern

  • Hier ergab DMS 6 eine vergleichsweise hohe Prävalenz von 15%. International schwankt der Anteil betroffener Kinder laut Prof. Dr. Jordan vom IDZ zwischen 10 und 17%.

Noch immer sind die Ursachen für die auch als „Kreidezähne“ bekannte Erkrankung nicht abschließend geklärt. Klar ist zumindest, dass es sich um eine entwicklungsbedingte Störung handelt, die bereits in der frühesten Kindheit (Geburt bis Ende erstes halbes Lebensjahr) ihre Ursachen hat und nicht durch individuelles Mundhygieneverhalten beeinflussbar ist.

Parodontitis

Großer Handlungsbedarf besteht hingegen weiterhin bei Parodontalerkrankungen:

  • 95,1% der jüngeren Erwachsenen sind von Parodontitis betroffen und von der Altersgruppe der jüngeren Senioren gilt keiner mehr als parodontal gesund. Insgesamt sind 14 Mio. Menschen in Deutschland von einer schweren Parodontalerkrankung betroffen.
  • 27% der Personen mit einer behandlungsbedürftigen Parodontitis waren Stand 2018 ohne GKV-Behandlung, davon 52% im Stadium 1.

Weitere Ergebnisse

  • Der Zugang zur zahnärztlichen Versorgung ist nach wie vor gut: 95% der Patienten werden durch eine wohnortnahe Zahnarztpraxis betreut. Zudem gaben auch ebenso viele der Befragten an, rechtzeitig einen Termin zu erhalten.
  • Während im Jahr 2005 die prothetische Leitversorgung bei jüngeren Seniorinnen und Senioren noch überwiegend (58,6%) auf herausnehmbarem Zahnersatz bzw. einer Totalprothese basierte, ist dies Stand 2023 nur noch bei weniger als einem Drittel (29,9%) der Fall. Stand heute betrifft fast die Hälfte der prothetischen Versorgungen festsitzenden Zahnersatz (47,8%), also beispielsweise Brücken oder implantatgetragenen Zahnersatz. Auf Kronenversorgungen entfällt ein Anteil von 16,9%.
  • Bei der Mundgesundheit älterer Kinder mit und ohne Migrationserfahrung zeigten sich deutliche Unterschiede: Von den Kindern mit Migrationshintergrund waren nur 52,2% kariesfrei (ohne: 87,9%). Hingegen zeigte sich bei den Kindern mit Migrationsgeschichte mit 9,2% eine signifikant geringere Prävalenz von Kreidezähnen als bei denjenigen ohne Migrationshintergrund (16,4%).
  • Die aktuelle DMS-Studie untersuchte erstmals auch den Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei wurden die Prävalenz von schwerer Parodontitis und Zahnlosigkeit sowie die Zahl fehlender bzw. funktionstüchtiger Zähne bei jüngeren Senioren mit und ohne kardiovaskuläre Erkrankung miteinander verglichen. Es zeigten sich deutliche Unterschiede. So sind beispielsweise Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich häufiger komplett zahnlos, leiden häufiger an einer schweren Parodontitis und verfügen im Durchschnitt über zwei Zähne weniger als gesunde Personen.

 

Kommentar:

Präventionsorientierter Ansatz zahlt sich aus

Die deutlichen Verbesserungen bei der Mundgesundheit führen IDZ, KZBV und BZÄK primär auf den Paradigmenwechsel weg von einer restaurationsorientierten, hin zu einer präventionsorientierten Versorgung zurück. So hat sich seit Einführung von Gruppen- und Individualprophylaxe Ende der 1990er-Jahre die Karieslast bei Kindern um -90% verringert und auch der Anteil zahnloser jüngerer Senioren ist um -80% zurückgegangen, wie Prof. Dr. A. Rainer Jordan, Wissenschaftlicher Direktor des IDZ, bei der Pressekonferenz betonte. Der Großteil der Bevölkerung habe inzwischen diesen präventionsorientierten Ansatz verinnerlicht und suche die Zahnarztpraxis regelmäßig auf, auch ohne akute Mundgesundheitsprobleme.

Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV, verwies auf den Kostendämpfungseffekt von Prävention. Während die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, ist der Anteil für Zahnmedizin an den Gesamtausgaben über die Jahre stetig gesunken und beträgt aktuell nur noch 5,8%. Insgesamt seien die Ausgaben für vertragszahnärztliche Leistungen in den letzten Jahren um mehr als 30% gesunken, so Hendges. Handlungsbedarf bestehe jedoch vor allem noch bei der Volkskrankheit Parodontitis. Der erst im Juli 2021 eingeführten präventionsorientierten GKV-Parodontitisbehandlungsstrecke habe jedoch die im Zuge des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes wiedereingeführte strikte Budgetierung „ein herber Rückschlag versetzt“. Vor dem Hintergrund der hohen Folgekosten von unbehandelten bzw. zu spät behandelten Parodontitiserkrankungen sei mit der Budgetierung kein kostendämpfender Effekt erreicht worden – im Gegenteil! Hendges forderte die kommende Bundesregierung daher auf, die präventive zahnmedizinische Versorgung weiterhin zu unterstützen. Die Politik müsse verstehen, dass Zahnärzte keine Kostentreiber seien und dass sich Prävention lohne. Allerdings wirke diese nicht kurzfristig.

Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der BZÄK, freute sich über die „großartigen Ergebnisse der DMS 6“, hob aber auch hervor, dass „Mundgesundheit ein lebenslanger Kampf gegen den Mundpflegeschweinehund“ sei und leider noch immer nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen von Präventionsmaßnahmen erreicht werden. Insbesondere Menschen mit sozial schwierigen Rahmenbedingungen oder mit Migrationshintergrund nutzen weniger häufig Vorsorgeuntersuchungen und gehen erst zum Zahnarzt, wenn bereits Zahnprobleme vorliegen. Dennoch laufe „die zahnärztliche Präventionslokomotive […] mit Volldampf“, allerdings bestehe „Angst vor Weichenstörungen durch die Politik“.

Die wichtigsten Ergebnisse von DMS 6 werden in Kürze auch im Atlas Medicus Infodienst für die Fachgruppe „Dentallabore“ unter der Rubrik „Mundgesundheit“ verfügbar sein.

Quellen:

Verena Heinzmann
Autor Verena Heinzmann
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