MVZ-Regulierungsgesetz soll Gründung von iMVZ beschränken

MVZ-Regulierungsgesetz soll Gründung von iMVZ beschränken

Aktuelle Gesetzesinitiative des Bundesrates

Auf Initiative der Bundesländer Bayern, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein hat der Bundesrat in seiner 1034. Sitzung am 16.6.2023 eine Entschließung gefasst, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) stärker zu regulieren.

Maßnahmenpaket soll Marktdominanz einzelner Träger verhindern

Mit dem geplanten MVZ-Regulierungsgesetz soll eine „am Patientenwohl orientierte ambulante Versorgung“ gestärkt und Konzentrationsprozesse bzw. Monopole einzelner MVZ-Träger verhindert werden.

Geplante Maßnahmen (Auszug):

  • Ein öffentlich einsehbares bundesweites MVZ-Register, geführt von den Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, das auch Informationen zu den nachgelagerten Inhaberstrukturen enthält.
  • Eine Kennzeichnungspflicht auf dem Praxisschild soll über die Eigentumsverhältnisse (Träger, Betreiber, Rechtsform) aufklären.
  • Eine räumliche Beschränkung der Gründungsbefugnis für Krankenhäuser auf einen Umkreis bis maximal 50 km (für unterversorgte und drohend unterversorgte Planungsbereiche soll es Ausnahmen geben).
  • Die Einführung von Höchstversorgungsanteilen.
  • Streichung der Möglichkeit des Arztstellenerwerbs durch Zulassungsverzicht.
  • Im MVZ-Zulassungsverfahren soll eine „Konzeptbewerbung“ ohne Benennung eines konkreten Arztes künftig nicht mehr möglich sein.
  • Einen „besonderen Abberufungs- und Kündigungsschutz für die ärztliche Leitung und Vorgaben zu deren Mindesttätigkeitsumfang“, um die Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung zu wahren und vor Einflüssen durch Kapitalgeber zu schützen.
  • Im SGB V soll eine Regelung aufgenommen werden, die Disziplinarmaßnahmen auch gegen MVZ bei Nichterfüllung der vertragsärztlichen Pflichten der MVZ-Ärzte vorsieht (bis hin zum Zulassungsentzug für das MVZ).

 

Kommentar:

Konzept MVZ besonders attraktiv für Finanzinvestoren

Das Konzept MVZ hat sich als besonders attraktiv erwiesen für fachfremde Finanzinvestoren, die den Gesundheitsmarkt zur Geldanlage nutzen wollen, vor allem aufgrund der stabilen Nachfrage und der geringen Konjunkturabhängigkeit. Die Zahl der MVZ, insbesondere der von (Private-Equity-)Investoren betriebenen MVZ (iMVZ), ist daher in den letzten Jahren stark gewachsen und ihr Versorgungsanteil deutlich gestiegen. Eine Analyse der KZBV (Stand 31.12.2022) beziffert den Anteil der iMVZ an der Gesamtzahl der MVZ im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung auf mittlerweile 29%. Zudem ist auch eine Bildung immer größerer Kettenstrukturen feststellbar.

Negative Folgen von marktdominierenden Zahnarztketten für Versorgung

Diese Konzentrationsprozesse und die Marktdominanz einzelner Anbieter sind nicht unbedingt zum Vorteil der Patienten. Dies belegen Beispiele aus dem Ausland, zum Beispiel aus Spanien oder dem Vereinigten Königreich, wo die Privatisierung und Kettenbildung in der Gesundheitsversorgung bereits deutlich stärker fortgeschritten ist. Durch Insolvenzen einzelner marktbeherrschender Praxisketten kam es dort zu gravierenden Versorgungsproblemen.

MVZ auch für Beschäftigte weniger attraktiv als vermutet

Während sich die meisten Studien zum Thema MVZ mit den Folgen einer renditeorientierten Gesundheitsversorgung für die Patienten befassen, widmet sich eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung den Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Dabei kommen die mit der Datenauswertung befassten Wissenschaftler zu dem Schluss, dass iMVZ als Arbeitgeber nicht so attraktiv sind wie gemeinhin angenommen. Viele der befragten MVZ-Mitarbeiter sprechen von einer hohen psychischen und physischen Arbeitsbelastung durch stärkere Gewinnorientierung und Kostendruck. Zugleich zeigten sich auch viele der Befragten unzufrieden mit der Bezahlung und fehlenden Karrieremöglichkeiten. Die Folgen seien eine vergleichsweise hohe Fluktuation und ein hoher Krankenstand.

iMVZ tragen wenig bei zur Versorgung im ländlichen Raum

Aktuelle Zahlen der KZBV belegen, dass durch Finanzinvestoren betriebene Zahnarztzentren ganz überwiegend in großstädtischen Lagen mit hohem Medianeinkommen gegründet werden, also keinen Beitrag für eine ausgewogene, flächendeckende Versorgung leisten. Auch beteiligen sich iMVZ kaum an der aufsuchenden Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung. Die Daten zeigen auch, dass bei iMVZ das Trägerkrankenhaus zumeist nur als Gründungsvehikel fungiert und so gut wie nie ein fachlicher oder räumlicher Bezug zum Trägerkrankenhaus besteht. So befindet sich (Stand Ende 2022) nur eines der insgesamt 427 MVZ, die einem Fremdinvestor zugeordnet werden konnten, im Planungsbereich des Trägerkrankenhauses. Bei den 18 Trägerkrankenhäusern der zahnmedizinisch tätigen MVZ, die nicht durch Investoren betrieben werden, handelte es sich hingegen ausnahmslos um große akademische Lehrkrankenhäuser, 17 davon mit eigener mund-kiefer-gesichtschirurgischen Abteilung.

Zahnärzteverbände begrüßen Gesetzesinitiative

Das geplante MVZ-Regulierungsgesetz soll vor allem MVZ-Gründungen durch Private-Equity-Investoren beschränken. Dagegen soll eine ambulante medizinische Versorgung durch von (Zahn‑)Ärzten und Kommunen getragenen MVZ weiterhin unterstützt werden. Dies könnte durch die geplante räumliche und fachliche Gründungsbeschränkung gelingen, denn diese trifft insbesondere iMVZ, die in der Regel durch zuvor vom jeweiligen Investor gekaufte Krankenhäuser gegründet werden. Die beiden zahnärztlichen Verbände – die KZBV und die Bundeszahnärztekammer – begrüßen und unterstützen die Gesetzesinitiative des Bundesrates.

Weitere Infos zur Entwicklung von zMVZ und iMVZ finden Sie auch in unserer News vom 31.3.2023.

Quellen:

Verena Heinzmann
Autor Verena Heinzmann
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