Das Thema Nachhaltigkeit spielt in deutschen Krankenhäusern bislang bei der Führung und Zielorientierung nur eine untergeordnete Rolle. Dies geht aus den aktuell veröffentlichten Ergebnissen einer 2022 durchgeführten repräsentativen Umfrage von BDO und Deutschem Krankenhausinstitut (DKI) hervor. Die Befragung von knapp 150 Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten ergab, dass ein Drittel aller Kliniken konkrete Pläne zur Integration des Themas Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie hat. Bei rund 50% der Kliniken ist dies bereits umgesetzt. Bei Einrichtungen der Bettengrößenklasse 600+ sinkt der Wert auf rund ein Drittel.
Energiesparmaßnahmen im Fokus
Innerhalb des Bereichs Nachhaltigkeit liegt der Fokus der Krankenhäuser eindeutig auf den Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie Energieeinsparung. Daneben findet das Personalmanagement häufig Berücksichtigung. 80-90% der Kliniken bieten Maßnahmen in den Bereichen betriebliches Gesundheitsmanagement, familienorientierte Arbeitsgestaltung und Personalentwicklung. Die Umfrage kam ferner zu dem Ergebnis, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie in 35% der Krankenhäuser in Aufsichtsgremien/Steuerungsgruppen unter Beteiligung der Geschäftsführung thematisiert wird. Gleichzeitig verfügen jedoch nur rund 25% über eine entsprechende spezifische Jahresplanung. Immerhin plant fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Nachholbedarf bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Zertifizierung
Kaum Umsetzung findet bislang die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie beschränkt sich häufig auf Mitarbeiterzeitschriften (46%) und den Lagebericht des Jahresabschlusses (41%). Lediglich 12% der Kliniken erstellen einen gesonderten Nachhaltigkeitsbericht. Als erste Adressaten einer optionalen Nachhaltigkeitszertifizierung sehen die Umfrageteilnehmer insbesondere die Mitarbeiter (97%), die allgemeine Öffentlichkeit (93%) und Bewerber (88%). Patienten (81%) und Besuchern (69%) wird als Zielgruppe etwas weniger Bedeutung beigemessen. Wichtigste Themen der Zertifizierung sind aus Sicht der Kliniken der Umwelt- und Klimaschutz, gefolgt vom Personalmanagement (z.B. familienorientierte und altersgerechte Arbeitsgestaltung und Personalentwicklung).
Die vollständige Umfrage steht unter https://ww.bdo.de/KHw-Studie2022 zur Verfügung.
Kommentar:
Die Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeitsbemühungen der Krankenhäuser sind gegenwärtig mit Blick auf die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme der Branche mehr als schlecht. In vielen Kliniken fehlen die finanziellen Mittel für Investitionen oder Maßnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit. Hinzu kommen regulatorische Restriktionen. Kliniken sind aufgrund ihrer Aufgabenstellung und der ständigen Betriebsbereitschaft sehr energieaufwendige Unternehmen. Zudem besteht zum Schutz der Patienten/Mitarbeiter ein hoher Regulierungsgrad, der direkte Auswirkungen auf die Produktionsprozesse und damit auch auf den Energieverbrauch hat (unter anderem Anforderungen bezüglich Hygiene, Sterilität, Wasserqualität, [Arbeits-]Sicherheit, fachgerechte, sichere Entsorgung unter anderem infektiöser Abfälle). Trotzdem gewinnt das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung. Rund 90% aller Krankenhäuser stufen das Thema inzwischen als „(sehr) relevant“ ein (vgl. Roland Berger: Krankenhausstudie 2021). Besonders hervorzuheben sind das zertifizierte Energiemanagementsystem sowie Umweltmanagement, die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien wie auch Projekte mit Vorbildcharakter wie z.B. Klimamanager, Grüne Krankenhauslogistik – Green Hospital, das Projekt „Klimaretter – Lebensretter“ oder das papierlose Krankenhaus. Auch von dem Erfordernis eines nachhaltigen Personalmanagements sind inzwischen viele Krankenhäuser zwangsweise überzeugt. So gewinnen Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung angesichts des sich zuspitzenden massiven Fachkräftemangels zunehmend an Bedeutung.
Quellen:
