NRW: Landesweit erstes Praxisnetz gründet MVZ

NRW: Landesweit erstes Praxisnetz gründet MVZ

Das GesundheitsNetz Unna hat das landesweit erste von einem Praxisnetz betriebene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) gegründet. Als eines der auch bundesweit bislang wenigen seiner Art hat das MVZ Anfang Januar seinen Betrieb in Bergkamen aufgenommen. Die Geschäftsleitung liegt bei dem Allgemeinmediziner Dr. Thomas Huth und dem Psychologen Hans-Peter Nocker. Ebenfalls an der Gründung beteiligt sind zwei weitere Allgemeinmediziner, die künftig angestellt im MVZ beschäftigt sind.

MVZ zielt auf die Sicherstellung der Versorgung

Auch wenn mit einer Besetzung von 23,25 hausärztlichen Kassensitzen aktuell ein Versorgungsgrad von 89% erreicht wird, zielt die Maßnahme auf die Sicherstellung und Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Region. Denn zum einen gibt es gegenwärtig dennoch sechs offene Vertragsarztsitze und zum anderen befindet sich fast ein Drittel der Hausärzte in der Altersgruppe 60+ und wird in absehbarer Zeit das Rentenalter erreichen. Das MVZ soll mit seinen attraktiveren Rahmenbedingungen die Nachbesetzung von Arztsitzen erleichtern.

Erfolglose Nachfolgersuche als ausschlaggebender Punkt

Die nachfolgende Ärztegeneration möchte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben mit geregelten Arbeitszeiten und möglichst geringem Bürokratieaufwand. Zudem wird der Wunsch nach einem intensiveren kollegialen Miteinander, das eine Zusammenarbeit von jungen und erfahrenen Ärzten ermöglicht, immer größer. Ausschlaggebend für die Gründung des MVZ war die erfolglose Nachfolgersuche der beiden nun als angestellte Ärzte im MVZ tätigen Allgemeinmediziner. Diese hatten trotz intensiven Austausches mit vielen jungen Ärzten keinen Nachfolger für die eigene Praxis finden können. Ein MVZ bietet in den Augen der Ärzte im Praxisnetz deutlich bessere Voraussetzungen, um die Zukunftsfähigkeit der Versorgung zu sichern.

Gesetzliche Neuerungen liefern Grundlage für Gründung

Ursprung der Gründungsbemühungen war die Entscheidung des Gesetzgebers im August 2019, den Berechtigtenkreis zur Gründung eines MVZ um die Praxisnetze zu erweitern. Direkt im Anschluss gab ein Workshop der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe den Startschuss des Projekts durch den Entschluss der Ärzte im GesundheitsNetz Unna das MVZ zu gründen. Zentraler Meilenstein bildete die Einigung der zweiköpfigen Geschäftsführung mit den beiden angestellten Allgemeinmedizinern im Jahr 2021. Nach Unterzeichnung des Praxisübernahmevertrags besiegelte schließlich die Bewilligung des MVZ-Antrags für die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch den Zulassungsausschuss in Arnsberg im Herbst vergangenen Jahres die Gründung des MVZ.

Erfolgreiche Zukunft für das Praxisnetz MVZ

Die Schaffung der neuen Strukturen tragen bereits zu Beginn Früchte. Das MVZ konnte eine zuvor als Weiterbildungsassistentin in einer der Praxen der Gründungsmitglieder tätige Allgemeinmedizinerin für sich gewinnen und geht daher mit insgesamt drei Kassensitzen an den Start. Auch zur Entwicklung des MVZ gibt es bereits konkrete Vorstellungen. Künftige Überschüsse sollen die Erweiterung des MVZ um Facharztpraxen ermöglichen. Perspektivisch kommt auch die Gründung eines Gesundheitszentrums infrage.

 

Kommentar:

Durch die neue Gesetzgebung ist es seit 2019 neben Ärzten, Krankenhäusern, Kommunen, gemeinnützigen Trägern und Dialyse-Einrichtungen auch Praxisnetzen möglich, MVZ zu gründen. In Westfalen-Lippe gibt es mittlerweile unter Berücksichtigung aller Träger insgesamt 303 MVZ (Stand 2021). Im Vorjahr waren es noch 283 MVZ, was einem Wachstum von 7,1% entspricht. Im Zehnjahresvergleich hat sich die Anzahl fast verdreifacht (2011: 107 MVZ). Aktuell sind in den MVZ 1.981 Ärzte beschäftigt. Mit 92% ist die überwiegende Mehrheit im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig, 5% sind als Vertragsärzte beschäftigt und 3% als angestellte Jobsharer. Mit einem Anteil von 86% sind die Träger von MVZ zum Großteil Vertragsärzte und Krankenhäuser. Lediglich 13% befinden sich in sonstiger Trägerschaft wie beispielsweise durch MVZ. Westfalen-Lippe ist nicht nur Vorreiter, was die Gründung von MVZ anbelangt, sondern ist auch bundesweit führend in Bezug auf die Anerkennung von Praxisnetzen. Mit 24 der 90 anerkannten Praxisnetze auf Bundesebene ist Westfalen-Lippe auch hier Spitzenreiter. So wundert es nicht, dass eines der ersten Praxisnetz MVZ aus der hiesigen Region stammt.

Quelle: KVWL – Erstes Praxisnetz in NRW gründet ein „MVZ“

Nadine Brohammer
Autor Nadine Brohammer
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