Ein beträchtlicher Anteil von rund einem Fünftel der Pflegeheimbewohner wird jährlich ins Krankenhaus eingewiesen, oft ohne wirkliche medizinische Notwendigkeit. Besonders abends und an Wochenenden spitzt sich die Lage zu, da Hausarztpraxen geschlossen sind und damit ärztliche Hilfe schwerer zugänglich ist. Im medizinischen Notfall kontaktieren die Pflegeheime dann den Rettungsdienst. Hieraus kommt es nicht nur zu teilweise unnötigen Einweisungen, sondern unter Umständen auch zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes von vulnerablen Patienten. Das Projekt „Optimal@NRW“ zielt darauf ab, diese Probleme zu lösen und die Zahl unerwünschter Krankenhauseinweisungen zu minimieren. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fördert das Projekt mit insgesamt rund 15 Mio. Euro aus dem Innovationsfonds.
Stärkung der intersektoralen Zusammenarbeit
Zentrales Element von Optimal@NRW ist die Telearztzentrale der Uniklinik der RWTH Aachen. In das Kooperationsnetzwerk sind 24 Pflegeeinrichtungen aus Aachen, Düren und Heinsberg integriert. Diese erhalten durch die Telearztzentrale eine umgehende Beratung in medizinischen Notfällen. Der Gesundheitszustand kann über Audio oder Video an die Ärzte in der Zentrale übermittelt werden. Ebenso ist ein Transfer von Vitalwerten in Echtzeit möglich. Als technische Ausstattung haben die Pflegeeinrichtungen spezielle telemedizinische Visitenwägen mit Bildschirmen, Raumkamera, Mikrofon, Vitaldatenmonitor sowie verschiedene Messgeräte erhalten. Zusätzlich wurde ein Frühwarnsystem implementiert, das Gesundheitsverschlechterungen frühzeitig erkennt und die Telearztzentrale automatisch alarmiert. Hausärzte können sich ebenfalls dem Netzwerk anschließen und erhalten eine entsprechende technische Ausstattung.
Effektive Zusammenarbeit: Die NäPa(Z) als Schlüsselakteure im interdisziplinären Team
Ein Kernstück des Projekts ist der Einsatz von sogenannten Nichtärztlichen Praxisassistenten mit Zusatzaufgaben (NäPa(Z)), die als Bindeglied zwischen der Telearztzentrale und den Pflegeeinrichtungen fungieren. NäPa(Z) werden bei Bedarf in die Pflegeeinrichtung geschickt und übernehmen vor Ort delegierte Maßnahmen und unterstützen damit die lokale Behandlung.
Kommentar:
Optimal@NRW wurde im April 2020 ins Leben gerufen. Das Projektende ist auf den 31.3.2024 datiert. Die auf dem Abschlusskongress vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass die Implementierung der Telearztzentrale zu einer signifikanten Entlastung für alle involvierten Parteien geführt hat. Insbesondere für nichtärztliches medizinisches Personal in Pflegeeinrichtungen erweist sich die Nutzung vitaldatenbasierter Videosprechstunden zur Abklärung von akuten Beschwerden als vorteilhaft. Mit den neuen Kompetenzen erhalten NäPa(Z) zusätzliche berufliche Perspektiven und die Attraktivität ihres Berufsfeldes steigt. Auch Ärzte und Kliniken profitieren durch die Reduzierung von nicht notwendigen Krankenhausaufenthalten von der Entlastung. Die Steigerung der Lebensqualität von Pflegeheimbewohnern durch die Vermeidung von Krankenhausaufenthalten ist ein weiteres entscheidendes Ergebnis. Insgesamt trägt Optimal@NRW zu einer effizienteren Ressourcennutzung im Gesundheitswesen bei, indem medizinische und ärztliche Fachkräfte zielführender eingesetzt werden. Eine abschließende Evaluation – durchgeführt von der Universität Bielefeld – wird die Wirksamkeit des Projekts abschließend untersuchen.
Quellen:
- Gemeinsamer Bundesausschuss Innovationsausschuss – Optimal@NRW: Vermeidbare Krankenhauseinweisungen reduzieren
- Uniklinik RWTH Aaachen – Optimal@NRW-Abschlusskongress: Rund-um-die-Uhr-Akutversorgung pflegebedürftiger Personen – Innovationsfondsprojekt etabliert sektorenübergreifende telemedizinische Versorgungsstruktur