Ab dem 1. November tritt der Vertrag nach § 125a SGB V über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung im Bereich Physiotherapie in Kraft. Bei der sog. Blankoverordnung stellt der Vertragsarzt lediglich die Diagnose und überlässt den Physiotherapeuten neben der Auswahl des Heilmittels auch die Entscheidung über die Anzahl und Frequenz der Therapie. Die Blankoverordnung ist zunächst auf Erkrankungen des Schultergelenks beschränkt. Zu diesem Zweck wurden 114 Indikationen (ICD-10-Codes) in der Diagnosegruppe EX festgelegt.
Ampelsystem sorgt für Wirtschaftlichkeit
Um inflationäre Mengenausweitungen in Zusammenhang mit der Blankoverordnung zu verhindern, wurde ein Ampelsystem eingeführt, das die maximale Anzahl der 15-Minuten-Zeitintervalle jeweils einer grünen, gelben und roten Phase zuteilt. Behandlungen in der roten Phase werden mit einem neunprozentigen Vergütungsabschlag belegt, den die Krankenkasse unmittelbar bei der Abrechnung einbehält. Versicherte mit langfristigem Heilmittelbedarf und besondere Verordnungsbedarfe sind vom Ampelsystem ausgenommen.
Neue Vergütungspositionen im Bereich Diagnostik und für Zusatzaufwand
Die physiotherapeutischen Leistungen im Rahmen der Blankoverordnung werden in gleicher Höhe vergütet wie in der Regelversorgung nach § 125 Abs. 1 SGB V. Daneben sind folgende neuen Leistungspositionen abrechenbar:
- Physiotherapeutische Diagnostik (vor Beginn der Therapie): Vergütung: 34,34 Euro, Zweck: Umfassende Befragung und Untersuchung der Versicherten, Festlegung der Therapieziele und Therapieplanung
- Bedarfsdiagnostik (im Therapieverlauf): Vergütung: 25,76 Euro, Zweck: Untersuchung und Befragung der Versicherten, Überprüfung der bisher erreichten Therapieziele und ggf. Anpassung des Therapieplanes oder zum Ende der Therapie
- Versorgungsbezogene Pauschale: Vergütung: 55 Euro, einmalig je Blankoverordnung, Zweck: Abdeckung des besonderen Aufwands (z.B. Steuerung des Versorgungsablaufs, Sicherung der Versorgungsqualität)
Kommentar:
Nach der Ergotherapie und der häuslichen Krankenpflege haben mit den Physiotherapeuten nun drei Berufsgruppen deutlich mehr Kompetenzen erhalten. Die Blankoverordnung ermöglicht es ihnen, nicht nur die Versorgung und Pflege bedarfsgerecht am einzelnen Patienten auszurichten, sondern stärkt auch die Autonomie der Berufsausübung. Eine Rückkoppelung mit dem behandelnden Vertragsarzt ist nicht mehr erforderlich. Das Mehr an Selbstständigkeit und Flexibilität geht jedoch auch mit einer erhöhten Verantwortung – sowohl für das Therapieergebnis als auch für die Wirtschaftlichkeit der Behandlung – einher. Laut GKV-Spitzenverband liegen die jährlichen Ausgaben für Physiotherapie für gesetzlich Krankenversicherte bei rund 8,5 Mrd. Euro. Von den insgesamt rund 32 Mio. Verordnungen können in Zukunft ca. 6,5% (rund 2 Mio.) als sogenannte Blankoverordnung ausgestellt werden.
Quelle: GKV-Spitzenverband – Blankoverordnung ab November auch in der Physiotherapie