Poolärzte und Bereitschaftsdienst: Problem bei Sozialversicherungspflicht endlich gelöst

Poolärzte und Bereitschaftsdienst: Problem bei Sozialversicherungspflicht endlich gelöst

Die künftige Regelung zur Sozialversicherungspflicht bei Poolärzten steht fest. Dies ist das Ergebnis eines längeren Dialogprozesses zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie der Deutschen Rentenversicherung.

Demzufolge sind Poolärzte im ärztlichen Bereitschaftsdienst unter den folgenden drei Voraussetzungen als Selbstständige (ohne Sozialversicherungspflicht) zu behandeln:

  1. Die Ärzte rechnen die von ihnen erbrachten Leistungen unter der eigenen Abrechnungsnummer ab. Es erfolgt somit eine Vergütung der tatsächlich erbrachten Leistungen.
  2. Sofern während des Notdienstes KV-Einrichtungen (Praxisräume, Personal, Fahrzeuge, Material) genutzt werden, ist ein fixes und angemessenes Nutzungsentgelt zu entrichten. Das Nutzungsentgelt fällt auch dann an, wenn keine oder nur wenige Patienten behandelt werden.
  3. Sofern die Ärzte die für den Vertretungsfall von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgeschriebenen Qualifikationsvorgaben erfüllen, müssen sie den vertragsärztlichen Notdienst nicht selbst erbringen, sondern können sich hierbei vertreten lassen.

Die neuen Bestimmungen finden ab sofort Anwendung. Eine gesetzliche Regelung wird nachgeliefert.

 

Kommentar:

Die Neuregelung ist auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zurückzuführen. Das BSG hatte im Oktober 2023 entschieden, dass Zahnärzte und Ärzte, die freiberuflich im organisierten (zahn-)ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) tätig sind, der Sozialversicherungspflicht unterliegen (vgl. News vom 16.11.2023). Zwar hatte es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt (der klagende Zahnarzt hatte eine Stundenlohnvergütung erhalten, wobei die Infrastruktur von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gestellt wurde), doch hatten in Folge viele KVen aus Sorge eventuell anfallender Sozialabgaben keine Poolärzte mehr im Notdienst angestellt oder sogar Notfallpraxen geschlossen (vgl. News vom 11.3.2024). Hierdurch drohte eine Beeinträchtigung der Versorgung außerhalb der Sprechzeiten. Nach § 75 SGB V sind die KVen zur Sicherstellung der Versorgung auch zu sprechstundenfreien Zeiten verpflichtet. Für Vertragsärzte ist der Bereitschaftsdienst dementsprechend Pflicht, wobei jedoch eine Delegation an qualifizierte Vertreter möglich ist.

Kritik an unnötig komplizierter Lösung

Die ab sofort geltende Rechtsicherheit für Ärzte und K(Z)Ven ist positiv zu werten. Dennoch besteht Kritik an der „bürokratischen“ Neuregelung. Ärztevertreter hatten für eine unkomplizierte Lösung in Form der gesetzlichen Ausnahmeregelung nach § 23c SGB IV plädiert, die u.a. für Notärzte im Rettungsdienst greift. Noch sind Fragen offen, wie z.B. nach der Vergütung der Bereitschaftszeit in der Anlaufpraxis und im Fahrdienst von bis zu 18 Stunden. Hinzu kommt, dass bereits abgeführte Sozialversicherungsbeiträge, die nach der aktuellen Neuregelung nicht angefallen wären, nicht zurückgefordert werden können.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung – Konstruktiver Dialog schafft Sicherheit: Voraussetzungen für selbstständige Tätigkeit im vertragsärztlichen Notdienst geklärt

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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