Der Bundesgerichtshof hat im Februar 2024 entschieden, dass ein vom Verkäufer an Apotheken gewährter Skonto für Rx-Arzneien, welcher zusammen mit anderen Preisnachlässen über 3,15% liegt, nicht rechtens ist. Damit wurde ein entsprechendes Urteil des OLG Brandenburgs vom Sommer 2023 bestätigt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Reimporteur von Arzneimitteln, der 3,04% Rabatt und zusätzlich 3% Skonto (bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen) gewährt hatte. Damit wurde die Schwelle von 3,15% über- bzw. die arzneimittelrechtliche Preisuntergrenze unterschritten.
Zum Hintergrund: Das Honorar des pharmazeutischen Großhandels für die Belieferung der Apotheken ist bei rezeptpflichtigen Arzneien gesetzlich festgelegt, und zwar bekommt dieser – wie auch der Pharmahersteller im Falle des Direktgeschäfts – pro Packung
- einen variablen Anteil in Höhe von 3,15% (bezogen auf den Netto-Abgabepreis des Pharmaherstellers) mit einer Kappungsgrenze bei 37,80 Euro (d.h. bei einem Abgabepreis von 1.200 Euro) und
- einen Festzuschlag in Höhe von 0,73 Euro (Fixum).
Unstrittig war dabei bereits im Vorfeld, dass das Großhandelsfixum nicht rabattiert werden darf, neu hingegen ist, dass auch ein Skonto, welcher – zusammen mit anderen Preisnachlässen – höher ausfällt als die variable Vergütung, nicht erlaubt ist.
Rx-Skonto-Urteil: Drohen Margenverluste bei den Apotheken?
Die Reaktion der Apothekerschaft, die sich einerseits seit 2022 einer wirtschaftlichen Verschlechterung gegenübersieht (steigende Kosten, sinkende Einnahmen z.B. als Folge des erhöhten Apothekenabschlags, Lieferengpässe etc.) und sich andererseits in ihren Forderungen politisch nicht gehört fühlt (Erhöhung des Apothekenhonorars vs. Vorschläge des Gesetzgebers wie Gesundheitskioske, Apotheken-Light), war entsprechend negativ: Gemäß Treuhand Hannover könne der Richterspruch eine durchschnittliche Apotheke 20.000 Euro bis 25.000 Euro kosten.
Entsprechend fordern Standesvertreter u.a. eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung, d.h. dass dort explizit Skonti erlaubt (und nicht wie Rabatte bewertet) werden sollten. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass dann auch der Zwangsabschlag, den die Apotheken den Kassen gewähren, als ‚unrechtmäßiger‘ Skonto zu werten sei und damit gestrichen bzw. gekürzt werden solle. Allerdings sichert dieser die Zahlungsmoral der Krankenkassen; denn er wird von den Apotheken nur dann gewährt, wenn die Kasse innerhalb von zehn Tagen für die verordneten Arzneien aufkommt.
Zum Hintergrund: Auch das Honorar der Apotheken für verschreibungspflichtige Arzneien ist gesetzlich festgelegt; pro Packung setzt es sich zusammen aus
- einem Fixbetrag in Höhe von 8,35 Euro (zuletzt erhöht Anfang 2013) sowie
- einer umsatzabhängigen Komponente in Höhe von 3% auf den Einkaufspreis des Medikaments.
Dabei wird das Honorar durch den sog. Zwangsabschlag an die Kassen geschmälert, dieser beträgt seit Februar 2023 – befristet für zwei Jahre – 2,00 Euro je Packung (statt vormals 1,77 Euro).
Kommentar:
Die Argumentation in den Fachmedien sowie die Bewertungen greifen aktuell jedoch noch zu kurz, zumal die offizielle Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, mit dieser ist nicht vor Sommer zu rechnen.
Erstens wurden nicht generell Skonti verboten (wie viele Meldungen in der Presse suggerieren), sondern es ging um die Höhe bzw. das Überschreiten der o.g. prozentualen Schwelle.
Zweitens betrifft das Urteil einen Reimporteur und nicht den Großhandel generell, wo es durchaus andere Zahlungspraktiken gibt.
Drittens waren sonstige Preisnachlässe wie Mengenrabatte oder Nachlässe bei Vorkasse nicht Bestandteil der richterlichen Prüfung.
Zudem gilt das Urteil nur für Rx-Arzneien und auch Hochpreiser, deren Anteil stetig steigt, sind normalerweise nicht berührt (weil nicht skontiert).
Unbestritten spielen Preis(nachlässe) beim Einkauf der Arzneimittel eine wichtige Rolle für die Rendite von Apotheken, jedoch bleibt abzuwarten, ob es beim Wegfall von (Teilen) der Skonti nicht zu Vergünstigungen auf anderer Seite kommen wird (z.B. Packungswertausgleich, Rückvergütungen, geringere Gebühren bei sonstigen Leistungen, Handelsspannenausgleich).
Bislang haben die günstigeren Konditionen der Hersteller das Geschäft der Großhändler kannibalisiert – diese werden nun Teile aus dem Direktgeschäft zurückgewinnen und könn(t)en damit auch bessere Konditionen gewähren bzw. Einkaufsvorteile an die Apotheken weiterreichen.
Quellen:
- Wettbewerbszentrale – BGH: Pharmazeutischer Großhandel darf Apotheken kein Skonto gewähren
- ABDA – Skonti-Urteil des BGH: Statement des DAV-Vorsitzenden
- BVDAK – Pressemitteilung vom 09.02.2024: Der Kassenabschlag muss sofort gestrichen werden
- Pharmazeutische Zeitung – Warum das Skonto-Urteil gerade große Apotheken trifft
- AWA 05 / 2024, S. 13: Prof. Dr. R. Herzog „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“