Forscher haben ein vielversprechendes neues Antibiotikum namens Clovibactin entdeckt, das Bakterienzellwände angreift, auch gegen multiresistente Erreger wirksam ist und resistent gegen die Entwicklung neuer Resistenzen ist. Dies geht aus einer Studie im Fachblatt Cell im Jahr 2023 hervor. Das Antibiotikum wird von einem seltenen Bodenbakterium namens Eleftheria terrae produziert, das zuvor als nicht kultivierbar galt. Die Entdeckung wurde durch eine neue Technologie namens iCHip-Apparatur ermöglicht, mit der zuvor nicht kultivierbare Bakterien im Labor gezüchtet werden können.
Clovibactin zeigte sich als wirksam gegen Staphylococcus aureus, einschließlich multiresistenter MRSA-Stämme und Tuberkuloseerreger, ohne dabei nachweisbare Resistenzen zu verursachen. Clovibactin blockiert die Synthese der bakteriellen Zellwand, indem es an Pyrophosphatgruppen auf Zellwandbausteinen bindet. Nach dem Andocken bildet es supramolekulare faserartige Strukturen aus, die die Pyrophosphatgruppen wie ein Käfig umschließen. Dies führt dazu, dass Bakterien Autolysine freisetzen, die ihre eigene Zellwand auflösen. Die Forscher gehen davon aus, dass Bakterien nur schwer Resistenzen gegen Clovibactin entwickeln können, da die Pyrophosphatgruppen, an die es bindet, unveränderlich sind. Das Medikament hat sich in Tierversuchen als wirksam gegen diese Bakterien erwiesen, selbst wenn sie gegen andere Antibiotika resistent waren. Die Forscher arbeiten nun an der weiteren Optimierung des Antibiotikums und an der Vorbereitung für den klinischen Einsatz. Bis dahin ist es jedoch noch ein langer Weg, der viele Tests und Studien erfordert.
Kommentar:
Die zunehmenden Antibiotikaresistenzen sind nicht nur ein medizinisches Problem, sondern stellen eine globale Bedrohung dar. Die Folge sind längere und schwerere Krankheitsverläufe, höhere Kosten und mehr Todesfälle. Eine Studie im Fachmagazin „The Lancet“ kam zu dem Ergebnis, dass allein im Jahr 2019 rund 1,27 Millionen Menschen an Infektionen starben, die direkt auf resistente Keime zurückzuführen waren. Antibiotikaresistenzen wurden und werden insbesondere durch den unsachgemäßen oder übermäßigen Gebrauch von Antibiotika bei Menschen und Tieren gefördert. Besonders gefährlich sind die multiresistenten Keime, die gegen mehrere oder fast alle Antibiotika resistent sind wie z.B. MRSA oder Tuberkulose. Zur Bekämpfung ist eine gemeinsame Anstrengung von Politik, Wissenschaft, Gesundheitswesen und Gesellschaft erforderlich. Die G7-Partner haben sich verpflichtet, die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika zu fördern und den sachgerechten Einsatz der vorhandenen Antibiotika zu verbessern. In Deutschland gibt es mit der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie DART bereits seit dem Jahr 2008 eine nationale Strategie gegen antibiotikaresistente Bakterien. Gegenwärtig arbeiten das Bundesforschungsministerium, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die DART 2030 vor. Ziel ist es, auf Basis eines „One-Health-Ansatzes“ ein nachhaltiges Gleichgewicht bezüglich der Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt zu erreichen.
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung – Antibiotikaresistenzen: Ursachen, Probleme, Forschung