Schiedssprüche von 2021 nicht rechtens

Schiedssprüche von 2021 nicht rechtens

Ende April 2024 wurden vom Landgericht Berlin-Brandenburg (LSG) in einem langwierigen Klageverfahren mehrere Urteile zu den Schiedssprüchen der Schiedsstelle Heilmittel gefällt.

Zur Erinnerung: Gemäß Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gab es erstmals zum 1.7.2019 bundesweit einheitliche (Höchst)Preise für Heilmittelerbringer, d.h. alle Physiotherapeuten erhielten damals das Honorar jener Region, in welcher bis dato am meisten bezahlt worden war. Regionale Unterschiede wie auch die geringere Entlohnung im Osten für die gleiche Leistung gehören somit der Vergangenheit an. Gleichzeitig sind diese Preise die Basis der seither jährlich auf Bundesebene zu führenden Verhandlungen zwischen Krankenkassen und den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer. Obwohl diese Verhandlungen zur Preisanpassung jährlich abzuschließen wären, gab es insbesondere anfangs lange Verzögerungen und die Schiedsstelle musste entsprechend angerufen werden.

Der erste Bundesrahmenvertrag konnte nach Einleitung des Schiedsverfahrens erst im August 2021 (statt Mitte 2020!) in Kraft treten, mit einer Laufzeit bis Mitte 2022. Heilmittelverbände hatten gegen Teile des Schiedsspruchs Klage erhoben und in folgenden Punkten wurde ihnen nun Recht gegeben:

  • Laut Urteil hätte bereits im ersten Schiedsverfahren eine Vergütungsvereinbarung vorgenommen werden müssen, stattdessen wurde eine Anpassung erst zum 1.4.2021 (in Höhe von 1,51%) festgelegt sowie die Verpflichtung der Vertragspartner zu Neuverhandlungen. Dieser erste Schiedsspruch ist somit rechtswidrig.
  • Die Schiedsstelle hat zudem versäumt, temporäre Vergütungsausfälle zwischen 10.1.2024 und 31.3.2021 zu regeln, d.h. hier muss die Schiedsstelle nacharbeiten.

Revision gegen weiteren Urteilsspruch eingelegt

In einer zweiten, gleichzeitig verhandelten Klage hingegen wurde der Einspruch der Physiotherapieverbände abgewiesen. Dabei ging es um die Kriterien und die dahinterliegenden Faktoren, welche für die in den Rahmenverträgen zu regulierenden Preise zugrunde gelegt werden. Drei Kostenarten, für die entsprechende Kriterien definiert sind, fließen in die jährlichen Verhandlungen ein: Entwicklung der Raum-/Personal- und Sachkosten. Gegen die Kriterien hatten die Therapieverbände ein entsprechendes Klageverfahren in 2021 initiiert. Diese beurteilen u.a. das Kriterium ‚Tarifsteigerungen im stationären Bereich‘ (gemäß TVöD) als Referenz für die Entwicklung der Personalkosten als sachlich nicht angemessen; denn dies wäre nicht ausreichend, therapeutische Mitarbeiter so zu vergüten, dass es dem Niveau im stationären Bereich entspräche.

Das Urteil des LSG, die Begründung liegt seit Mai vor, lautet nun dahingehend, dass die Festlegung der Kriterien bzw. der Prozess dazu per se rechtlich nicht zu beanstanden sei; d.h. die Kriterien an sich und deren inhaltliche Ausgestaltung wurden keiner Bewertung unterzogen.

Das hat die Physiotherapieverbände nun dazu veranlasst, in Revision zu gehen und von und vor dem Bundessozialgericht die inhaltliche Ausgestaltung der Kriterien klären zu lassen. Mit einem dortigen Urteil ist jedoch erst in 2025 oder 2026 zu rechnen.

 

Kommentar:

Die Revision ist jedoch durchaus mit Risiken verbunden, denn es könnten im Rahmen des kommenden gerichtlichen Revisionsverfahrens die Kriterien auch so festgelegt oder modifiziert werden, dass sie sich zu Ungunsten der Therapeuten und Therapeutinnen auswirken.

Die maßgeblichen Physiotherapieverbände, die das Klageverfahren 2021 initiiert hatten, sind IFK, PHYSIO-DEUTSCHLAND, VDB-Physiotherapieverband und VPT-Verband für Physiotherapie.

Siehe auch News vom 10.1.2024

Quellen:

Siehe die entsprechenden Pressemittelungen der Heilmittelverbände, z.B.

Petra Seisl
Autor Dr. Petra Seisl
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