Die Attraktivität einer eigenen Zahnarztpraxis scheint deutlich gesunken zu sein. Dies geht aus einer im April/Mai 2024 durchgeführten Online-Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Zusammenarbeit mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) hervor.
Aktuell würden sich mehr als die Hälfte (58%) der befragten Zahnmediziner nicht erneut für eine Niederlassung entscheiden. Darüber hinaus denkt ein noch größerer Teil (72%) darüber nach, vorzeitig aus dem Beruf auszusteigen. Trotz dieser Tendenzen betrachten fast alle Befragten (nahezu 100%) ihre berufliche Tätigkeit als sinnvoll und nützlich.
Bürokratie und Digitalisierung als Hauptgründe
Die vorherrschenden Rahmenbedingungen sind hauptsächlich für das hohe Maß an Unzufriedenheit unter den Zahnmedizinern verantwortlich. 97% empfinden die Fülle der bürokratischen Pflichten als belastend und etwa 81% sind der Ansicht, dass die nicht auf die Erfordernisse der Praxen ausgerichtete Digitalisierung die Abläufe stört. Diese Umstände, begleitet vom zunehmenden Mangel an Fachkräften, führen dazu, dass nahezu alle Befragten eine Beeinträchtigung ihrer Hauptaufgabe, der Versorgung der Patienten, wahrnehmen.
GKV-FinStG verschärft Krise in Zahnarztpraxen
Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) und die damit einhergehende Budgetierung haben die Lage in den Zahnarztpraxen verschärft. Drei Viertel der Befragten sind bereits von Kürzungen der Honorare betroffen, was bei 87% zu Anpassungen in den Praxisabläufen und Einschränkungen in der Patientenversorgung führt. Fast 90% erwarten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation im laufenden Jahr.
Bereits jetzt fühlen sich nahezu drei Viertel der befragten Zahnmediziner „ausgebrannt“, da sie zunehmend Patienten von Kollegen übernehmen müssen, die ihre Praxis schließen oder ihre Arbeitszeit verringern. Zudem empfinden 97% eine mangelnde Anerkennung ihrer Arbeit durch die Politik. Laut der Umfrage befürchten 90% keine passende Nachfolge für ihre Praxis zu finden.
Die KZBV betont, dass die Umfrageergebnisse die tatsächlichen Probleme der Praxen widerspiegeln und somit die Dringlichkeit der Forderungen nach weniger Bürokratie, solider Finanzierung, praxistauglicher Digitalisierung und Aufhebung der Budgetgrenzen bestätigen.
Informationen zur Umfrage:
Alle zugelassenen Zahnärzte sowie Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Deutschland wurden zur Teilnahme an der Online-Befragung eingeladen, von denen sich 12,2% beteiligten. Die Befragung fand vom 18.4. bis 20.5.2024 statt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 53,8 Jahre. 82% arbeiten in einer Einzelpraxis, 16% in einer Berufsausübungsgemeinschaft und die restlichen in einem MVZ.
Kommentar:
Seit dem 1.1.2023 sind vertragszahnärztliche Leistungen wieder budgetiert. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz legt fest, dass die Gesamtvergütung im Jahr 2024 maximal um 1,5% steigen darf. Die Wiedereinführung der Budgetierung ist bei vielen Zahnärzten auf Unverständnis gestoßen, da der Anteil der GKV-Ausgaben für Zahnarztpraxen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist. Für die Zahnärzte bedeutet die Rückkehr zur Budgetierung einen deutlich geringeren Spielraum für Honorarsteigerungen.
Mit Blick auf die Versorgungssicherung appelliert die KZBV an die Politik, verlässliche und positive Rahmenbedingungen für eigenständige Praxen zu schaffen. In manchen Gebieten wird bereits deutlich, dass die lokale zahnmedizinische Versorgung mangelhaft ist. Selbst in Regionen, die derzeit noch gut versorgt sind, könnte es bald zu Engpässen kommen, sollte die Politik nicht zeitnah eingreifen.