Sozialversicherungsträger im Vergleich: Die Rolle der Rentenversicherung im Bereich der Prävention

Sozialversicherungsträger im Vergleich: Die Rolle der Rentenversicherung im Bereich der Prävention

Die Prävention ist nicht alleinige Aufgabe der Krankenversicherungen, sondern wird zunehmend auch für andere Sozialversicherungsträger relevant. Auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat sich die Prävention als zentrale und verpflichtende Aufgabe etabliert. Dies zeigt sich an der steigenden Zahl bewilligter Präventionsleistungen in den letzten Jahren.

Kontinuierlicher Ausbau der Präventionsangebote

Im Jahr 2015 wurde in Deutschland das Präventionsgesetz eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt hat die Rentenversicherung den Ausbau ihrer Präventionsangebote kontinuierlich vorangetrieben. Die Zahl der bewilligten Leistungen stieg in den letzten Jahren stetig an, wobei die Entwicklung zwischen 2022 und 2023 besonders auffällig ist. Bereits 2022 wurden 22.518 Präventionsleistungen bewilligt, während die Zahl 2023 mit 40.814 auf fast das Doppelte anstieg. Im Fünfjahresvergleich ist ebenfalls eine signifikante Zunahme zu verzeichnen: In 2019 wurden lediglich 7.277 Präventionsleistungen bewilligt – und damit gerade einmal 18% der Leistungen von 2023. Die Rentenversicherung reagiert damit auf eine steigende Nachfrage und zeigt ihre Bereitschaft, Versicherte frühzeitig in ihrer Gesundheit zu unterstützen.

Abb. Präventionsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung im Fünfjahresvergleich

Entwicklung der Anträge und Bewilligungen von Präventionsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherungen (GRV) zwischen 2019 und 2023

Quelle: Deutsche Rentenversicherung, Darstellung: Rebmann Research

Fokus auf ganzheitliche Gesundheitsförderung

Das Präventionsprogramm „RV Fit“ der Deutschen Rentenversicherung zielt darauf ab, chronische Erkrankungen und eine spätere Rehabilitations- oder Rentenbedürftigkeit vorzubeugen. Die Angebote konzentrieren sich auf die Bereiche Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung. Versicherte erhalten kostenlose und mehrmonatige Leistungen, die berufsbegleitend stattfinden und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind. Das Programm steht für alle Personen kostenlos zur Verfügung, die aktiv berufstätig sind, seit mindestens 6 Monaten arbeiten und erste Beschwerden (z.B. gelegentliche Rückenschmerzen) aufweisen.

Prävention als Leitprinzip: Vorbeugen statt Nachsorgen

Die strategische Ausrichtung der gesetzlichen Rentenversicherung folgt dem Grundsatz „Prävention vor Rehabilitation vor Rente“. Durch frühzeitige Interventionen soll die Erwerbsfähigkeit der Versicherten gestärkt und damit die Teilhabe am Arbeitsleben langfristig gesichert werden. Die positiven Auswirkungen auf das Gesundheitssystem sind vielfältig, da durch präventive Maßnahmen nicht nur Kosten im Bereich der Akutversorgung und Rehabilitation gesenkt werden, sondern es auch langfristig zu einer Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Versicherten kommt.

 

Kommentar:

Die Präventionsleistungen der Sozialversicherungsträger unterscheiden sich deutlich in ihrem Umfang, ihrer Zielrichtung und ihrem gesetzlichen Auftrag. Während die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den umfassendsten gesetzlichen Auftrag besitzt, ist dieser bei den anderen Sozialversicherungsträgern oft enger gefasst.

Die §§ 20 ff. SGB V verpflichten die Krankenkassen dazu, Präventions- und Rehabilitationsleistungen zu erbringen, die Krankheiten vorbeugen, ihre Verschlimmerung verhindern oder die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten wiederherstellen. Dabei spielt besonders die Primärprävention mit Leistungen zur individuellen Verhaltensprävention, Gesundheitsförderung in Lebenswelten und betriebliche Gesundheitsförderung eine zentrale Rolle. Auch die Bereiche der Sekundär- und Tertiärprävention werden von der GKV abgedeckt. Im Bereich der Sekundärprävention beispielsweise durch Gesundheitsuntersuchungen und Vorsorgeleistungen wie den Gesundheits-Check-up (§ 25 SGB V) sowie im Bereich der Tertiärprävention durch die medizinische Rehabilitation (§ 40 SGB V).

Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) orientiert sich am Grundsatz „Prävention vor Rehabilitation vor Rente“ und richtet sich vor allem an Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit durch erste gesundheitliche Beeinträchtigungen gefährdet ist (§ 14 SGB VI). Die GRV fördert wie bereits beschrieben frühzeitige, verhaltenspräventive Maßnahmen wie Stressbewältigung, Bewegung und Ernährung, die die Erwerbsfähigkeit sichern und gesundheitliche Beeinträchtigungen vorbeugen sollen.

Im Unterschied dazu ist der Präventionsauftrag der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) auf die Arbeitswelt fokussiert. Hier stehen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren im Vordergrund. Nach dem Eintritt einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls ist die GUV im Rahmen der Tertiärprävention auch dafür verantwortlich, die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen (§ 1 SGB VII). Die GUV integriert dabei auch Elemente der betrieblichen Gesundheitsförderung.

Die soziale Pflegeversicherung wiederum hat mit dem Präventionsgesetz einen spezifischen Präventionsauftrag erhalten, der auf die stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen abzielt (§ 5 SGB XI). Hier stehen die Förderung der gesundheitlichen Ressourcen von Pflegebedürftigen und die Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation im Mittelpunkt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die GKV durch ihren breiten Auftrag alle drei Präventionsstufen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention abdeckt, während die anderen Sozialversicherungsträger entweder spezifische Zielgruppen (z.B. Erwerbstätige, Pflegebedürftige) oder bestimmte Präventionsfelder (z.B. Arbeitswelt) fokussieren.

Quellen:

Autor Fanny Mauch
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