Spargesetz von Lauterbach: Aderlass bei den Apotheken

Spargesetz von Lauterbach: Aderlass bei den Apotheken

Ende Juli hat das Bundeskabinett den Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen. Obwohl der Aufschrei der Apothekenvertreter und insbesondere auch der Pharmahersteller im Vorfeld, seit Vorliegen der entsprechenden Eckpunkte, lautstark war, gab es kaum Nachbesserungen im nun vorliegenden Entwurf. Aufgrund eines voraussichtlichen GKV-Defizits in Höhe von 17 Mrd. Euro für das kommende Jahr ist ein entsprechendes Sparprogramm vom Gesetzgeber initiiert worden. Demnach sind Zusatzbeiträge für die Versicherten geplant, die Finanzreserven der Krankenkassen sollen angezapft werden, der Bundeszuschuss zur GKV wird von 14,5 Mrd. Euro um 2 Mrd. Euro erhöht werden, hinzu kommt ein zinsloses Darlehen des Bundes.

Erhöhung des Apothekenabschlags

Aber auch Teile der Leistungserbringer im Gesundheitswesen werden zur Kasse gebeten. Während Krankenhäuser und Ärzte – bis auf die Abschaffung der extrabudgetären Vergütung gegenüber Neupatienten – verschont bleiben, trifft es insbesondere die Apotheken. Für sie soll für die kommenden zwei Jahre ein erhöhter Apothekenabschlag von 2 Euro (statt bislang 1,77 Euro) gelten.

Zum Verständnis: Die Vergütung der Apotheker bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, die sein Kerngeschäft bestimmen, obliegt einem Kombipreismodell:

  • Zum einen bekommt er einen Fixbetrag in Höhe von 8,35 Euro je Packung (zuletzt erhöht Anfang 2013).
  • Zum anderen ein 3%-iges Honorar auf den Einkaufspreis des Medikaments, also eine umsatzabhängige Komponente.
  • Gleichzeitig muss er jedoch den o.g. Zwangsabschlag in Höhe von bislang 1,77 Euro je verordneter Packung an die Kassen leisten, sprich von dieser Vergütung abziehen. In Summe waren es 2021 1,1 Mrd. Euro, die von Apotheken im Rahmen dieses Abschlags an die GKVen abgeführt wurden. Die für die nächsten beiden Jahre vorgesehene Erhöhung würde zu weiteren 240 Mio. Euro führen.

Standesvertreter weisen dabei darauf hin, dass das Fixum (8,35 Euro) zuletzt vor nahezu 10 Jahren leicht angepasst wurde (2013 um 3,1% nach 9 Jahren); das entsprach nicht einmal dem Inflationsausgleich.

Arzneimittelhersteller ebenso betroffen

Analog sollen auch auf Seiten der Arzneimittelindustrie Kosten eingespart werden: Erhöhung des Herstellerrabatts für patentgeschützte Arzneimittel in 2023 (d.h. für ein Jahr) um 5 Prozentpunkte (von 7 auf 12%). Dies soll kumuliert 1 Mrd. Euro einsparen.

Hinzu kommt die

  • Verlängerung des Preismoratoriums bis Ende 2026; dieses wurde für Arzneimittel ohne Festbetrag 2010 eingeführt auf Basis der Preise von 2009 (seit 2018 erhalten die Hersteller jedoch rückwirkend einen Inflationsausgleich).
  • AMNOG-Reformierung: Mittelfristig wirkende strukturelle Änderungen der Preisbildung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen und ergänzenden Maßnahmen zur Dämpfung des Ausgabenanstiegs.

Die Herstellerverbände (vfa, BPI) sehen die Vorhaben entsprechend kritisch, denn sie sehen sich massiven Kostensteigerungen gegenüber (Energie, Rohstoffe, Lieferkettenthematik etc.) und argumentieren, dass mit diesen Maßnahmen zur Eindämmung der GKV-Kosten Arzneimittelinnovationen und Investitionen der Arzneimittelhersteller gefährdet seien.

Kommentar:

Auch die im Gesetz vorgesehenen Einsparungen für die Arzneimittelhersteller betreffen die Apotheken, denn wenn die Pharmaproduzenten die Preise nicht erhöhen und weniger Geld für innovative Arzneien verlangen können betrifft dies aufgrund des o.g. Honorierungsmodells die Einnahmen der Apotheken. Diese sehen sich auf der anderen Seite stetig steigenden Kosten gegenüber: Inflation, höhere Energiepreise, Tariferhöhungen, Erhöhung des Mindestlohns etc.

Siehe auch News vom 18.7.2022

Quellen:

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