Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe stellt in ihrem neuen Positionspapier zur Neuausrichtung der ambulanten Versorgung das Modell der Teampraxis in den Mittelpunkt. Die Teampraxis ist eine kooperative Praxisform, die angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels als essenziell gilt, um eine wohnortnahe und patientenorientierte Versorgung langfristig zu sichern.
Teampraxis setzt bereits bei Vernetzung innerhalb der Praxis an
Der Gedanke der Teampraxis geht im Vergleich zu herkömmlichen Praxisnetzen einen Schritt weiter, indem er bereits die Vernetzung innerhalb des Praxisteams intensiviert. Angesichts der begrenzten Arztzeit setzt das Modell auf unterschiedliche Experten in der Praxis – stets unter dem Credo, dass die abschließende Entscheidung in ärztlicher Verantwortung liegt. Unter den beteiligten Experten im Team sind unter anderem die erweiterte Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis, kurz VERAH, oder die nichtärztliche Praxisassistenz, auch NäPA genannt, die den Ärzten viele Tätigkeiten wie Blutabnahmen, Impfungen bis hin zu zeitintensiven Hausbesuchen abnehmen. Diese Zusammenarbeit wird von den Patienten geschätzt und ist längst gelebte Praxis.
Etablierte Expertenrollen durch Physician Assistants ergänzt
Neben diesen etablierten Rollen tritt ein neues Berufsbild in den Vordergrund: der Physician Assistant (PA). Der sechssemestrige Studiengang ermöglicht es den Absolventen eigenständig Anamnesen und Untersuchungen durchzuführen sowie Patienten rund um Eingriffe, Maßnahmen und Befunde zu beraten. Um die üblicherweise stationär tätigen PA-Absolventen nachhaltig auch in die ambulante Versorgung zu integrieren, läuft seit April 2023 ein Modellprojekt in Westfalen-Lippe.
Gründe, weshalb sich PA für den ambulanten Sektor als Tätigkeitsfeld entscheiden:
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Untersuchungen machen Vorteile von Physician Assistants deutlich
Das Projekt bestätigt, dass PA dem Arzt jeden fünften Patientenkontakt abnehmen und somit potenziell Zeit für den behandelnden Arzt einsparen könnten. Diese Einsparungen könnten nicht nur die Effizienz in der Patientenversorgung erhöhen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile für die Praxis bringen. Allerdings bedarf es hierfür einer Anpassung in der Vergütungssystematik, welche auf die Honorierung der eigentlichen Praxisleistung ausgelegt ist. Eine Abrechnung kann aktuell nur bei einem Arzt-Patienten-Kontakt erfolgen, also nur unter Hinzuziehen eines Arztes und nicht bei einer eigenständigen Behandlung durch qualifizierte Mitarbeitende (Versichertenpauschale).
Kommentar:
Westfalen-Lippe durch Praxisnetze Vorreiter bei kooperativen Ansätzen
Der kooperative Ansatz findet in Westfalen-Lippe durch den frühen Aufbau einer umfangreichen Praxisnetzlandschaft bereits seit längerem Berücksichtigung und die KV-Region ist deutschlandweit führend in diesem Bereich. Rund 1.600 Praxisteams mit über 2.100 Ärzten und Psychotherapeuten arbeiten heute interdisziplinär zusammen und versorgen etwa drei Mio. Patienten. Zentrale Aufgaben der Praxisnetze finden sich im Auf- und Ausbau der sektorenübergreifenden Kooperation gleichermaßen wie der Definition und Umsetzung gemeinsamer Standards.
Quelle: KV Westfalen-Lippe – „An der Teampraxis führt kein Weg vorbei“