TEIL 3: Einzelhändler hoffen auf Zusatzgeschäft mit Arzneimitteln – amerikanische Drugstores auch bei uns?

TEIL 3: Einzelhändler hoffen auf Zusatzgeschäft mit Arzneimitteln - amerikanische Drugstores auch bei uns?

Drogeriemärkte im Mass-Market von Bedeutung

Im OTC-Segment und bei Gesundheitsprodukten konkurrieren Apotheken mit Einzelhändlern, Warenhäusern, Supermärkten, Sanitätshäusern, Discountern und insbesondere mit Drogeriemärkten; gerade letztere nehmen mittlerweile eine bedeutende Marktstellung im sog. Mass-Market ein.

Marktführer in Deutschland sowie in Europa ist die Drogeriekette dm, mit einem Konzernumsatz in Höhe von 17,8 Mrd. Euro (davon 12,5 Mrd. Euro im Inland):

  • dm betreibt seit zehn Jahren einen Onlineshop, im Ranking der größten deutschen B2C-Onlineshops 2024 findet sich das Unternehmen auf Platz 41.
  • Unter der Eigenmarke Mivolis werden zahlreiche Gesundheitsprodukte (z.B. Schnelltests) und OTC-Arzneimittel angeboten.
  • In 1.500 der 2.100 dm-Filialen gibt es entsprechende Pick-up-Stellen, die seit 2022 ausgebaut werden zu digitalen, klimatisierten Abholstationen; was u.a. bei Arzneimitteln von Bedeutung und auch ein Vorteil gegenüber klassischen Versandapotheken ist.

Gemäß eigenen Angaben ist dm der führende Onlineshop unter den Drogeriemärkten und belegt im Verkauf von OTC-Präparaten den 4. Platz deutschlandweit.

dm plant eigene Versandapotheke noch in 2025

Diese Marktabdeckung bzw. diesen Bekanntheitsgrad möchte die Drogeriemarktkette nun nutzen, um 2025 in das Versandgeschäft mit Arzneimitteln bzw. entsprechender Direktbelieferung einzusteigen: Über eine tschechische Versandapotheke in Bor, wo der Konzern bereits das Logistikzentrum für den Onlineshop unterhält, sollen ab Herbst 2025 2.500 OTC-Präparate verfügbar sein und bereits für das erste Jahr wird mit einem Umsatz in dreistelliger Millionen-Höhe gerechnet. Die Aktienkurse von Redcare (Shop-Apotheke) und DocMorris, den beiden hierzulande führenden Versandapotheken, reagierten entsprechend, als dm Ende 2024 den Einstieg in den Versandhandel bekannt gab.

Impfungen, Diagnostik und Co. künftig auch in Drogeriemärkten?

Amerikanische Drugstores, wo Drogerien eine integrierte Arzneimittelausgabe haben, dienen als Vorbild; so kann sich dm vorstellen, künftig eine stärkere Rolle in der Gesundheitsversorgung wahrzunehmen: Neben dem Verkauf von OTC und Gesundheitsprodukten (Mass-Market) könnte das Beratung, Impfung, Diagnostik oder eben auch die Abgabe von Rx-Arzneien sein. dm argumentiert dabei, dass bei rückläufigen Apothekenzahlen das flächendeckende Filialnetz die Bevölkerung mit verschiedensten Services versorgen könn(t)e; noch sind jedoch die rechtlichen Möglichkeiten nicht dafür gegeben, d.h. das Unternehmen setzt mittel- bis langfristig auf eine entsprechende Liberalisierung der Märkte (z.B. gilt bislang ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Tschechischen Republik oder es bedarf der Reformierung des bislang Apotheken vorbehaltenen Leistungsspektrums).

dm scheint diesbezüglich optimistisch zu sein und hat bereits entsprechende Schritte in die Wege geleitet: Die eigene Marke Mivolis umfasst nicht nur OTC-/Gesundheitsprodukte, sondern ist auch registriert für Versanddienstleistungen und telefonische Gesundheitsberatung. Gleichzeitig wurde auch die Hauptmarke dm auf „medizinische Dienstleistungen“ und „Beratungen in der Pharmazie“ erweitert. Kurzum: dm möchte in das vermeintlich lukrative Geschäft mit der Gesundheit einsteigen und dazu im ersten Schritt den Arzneimittelversand nutzen.

Dabei zählt oft weniger die kurzfristige Rendite, sondern die mittel- bis langfristige Sicherung von Marktanteilen. So schreiben die beiden größten Versandhändler – Redcare mit Shop-Apotheke und DocMorris – Verluste und der jüngste Deal rund um die Disapo verdeutlicht, dass das Online-Geschäft mit Arzneimitteln nichts für schnelle Gewinne ist:

Rechnung geht jedoch nicht immer auf – Beispiel Disapo Übernahme von Douglas

So hat die Parfümeriekette Douglas 2022 die Onlineapotheke Disapo für satte 24 Mio. Euro übernommen und es wurde massiv in die Bewerbung entsprechender Apothekenmarken und -produkte investiert. Bereits zwei Jahre später, im Sommer 2024, wurde das defizitäre Arzneimittel-Geschäft jedoch wieder veräußert, und zwar an die niederländische MYA Health; Brancheninsider gehen davon aus, dass dabei kein Geld geflossen sei bzw. Douglas evtl. sogar drauflegen musste. Vonseiten des Parfümhändlers gibt es dazu keine Kommentierungen – im Jahresabschluss der Douglas AG (zum 30.9.2024) findet sich lediglich ein Abgangsverlust für die Disapo in Höhe von 5,5 Mio. Euro wieder.

 

Kommentar:

Neu ist der Ausflug ins Apothekengeschäft für dm nicht: Während der Coronazeit wurden mehr als 100 Corona-Schnelltest-Zentren von dm betrieben. Bis 2015 gab es einen Bestell- und Abholservice für apothekenpflichtige Arzneimittel; das erfolgte zunächst bis 2012 in Kooperation mit der niederländischen Versandapotheke Europa Apotheek (heute: Shop-Apotheke bzw. Redcare Pharmacy) und ab 2013 konnte bei dm über entsprechende Terminals bei der Schweizer Zur Rose Apotheke (heute: DocMorris) bestellt werden. Nachdem diese jedoch zu wenig genutzt wurden, baute dm 2015 die Terminals in den damals 1.600 Filialen wieder ab.

Dies war Teil 3 der Newsreihe zu Playern und Entwicklungen im Apothekenmarkt. Weitere News sind:

TEIL 1: Das Online-Geschäft mit Arzneimitteln – Hintergründe und Wissenswertes (siehe News vom 5.2.2025)
TEIL 2: Ausländische Unternehmen dominieren den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland (siehe News vom 7.3.2025)
TEIL 3: Einzelhändler hoffen auf Zusatzgeschäft mit Arzneimitteln – amerikanische Drugstores auch bei uns?
TEIL 4: Apothekenkooperationen & Apothekenplattformen – wer steckt dahinter?
TEIL 5: Sonstige Player – steigt Amazon in den Apothekenmarkt ein?

Quellen:

Petra Seisl
Autor Dr. Petra Seisl
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