Die gesetzlichen Krankenkassen verzeichneten Ende 2024 ein Defizit in Höhe von ca. 6,2 Mrd. Euro. Dies geht aus den vorläufigen Zahlen für 2024 hervor. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat sich damit die finanzielle Lage im 4. Quartal 2024 im Vergleich zu den drei vorigen Quartalen nochmals deutlich verschärft.
Dem vorläufigen Finanzergebnis zufolge lagen die Einnahmen der Kassen im Gesamtjahr 2024 bei 320,6 Mrd. Euro. Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen setzen sich aus den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und aus den Zusatzbeträgen (deren Höhe die Krankenkassen jeweils selbst festlegen) zusammen. Der Gesundheitsfonds wiederum speist sich aus den Beiträgen der GKV-Mitglieder, der Arbeitgeber sowie aus Steuermitteln. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag der Krankenkassen lag Ende 2024 bei 1,82% und somit über dem für das Jahr 2024 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,7%.
Die Finanzreserven der Kassen schrumpften 2024 auf 2,1 Mrd. Euro und unterschritten mit rund 0,08 Monatsausgaben erstmals die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben. Auch beim Gesundheitsfonds ließ sich eine Negativentwicklung erkennen. Zwar erhöhten sich im Jahr 2024 die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) um 5,6% (insbesondere infolge der inflationsbedingten Lohnsteigerungen), doch schloss der Fonds 2024 dennoch mit einem Defizit in Höhe von 3,7 Mrd. Euro ab. Grund war u.a. eine Bestimmung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. Mit dem Ziel, den Anstieg der Zusatzbeiträge bei den Kassen zu begrenzen, wurde die Obergrenze der Liquiditätsreserve abgesenkt. Im Zuge dessen erhielten die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds zusätzlich rund 3,1 Mrd. Euro. Die Liquiditätsreserve bezifferte sich zum Stichtag 15.1.2025 auf ca. 5,7 Mrd. Euro und damit auf 3,7 Mrd. Euro weniger als noch 2024.
Ausgabenanstieg lässt dynamische Entwicklung erkennen
Die Gesamtausgaben der GKV lagen 2024 bei 326,9 Mrd. Euro – bei einem Anstieg der Versichertenzahl um 0,3%. Die Leistungsausgaben der Kassen erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 8,1%, während die Verwaltungskosten um 0,6% sanken. Damit stiegen die Ausgaben stärker als 2023 (+5,0%) und haben sich Ende 2024 auch im Vergleich zum 1. bis 3. Quartal 2024 (+7,5%) nochmals dynamischer entwickelt. Als eine der Ursachen nennt das BMG inflationsbedingte Effekte, die zeitlich in Form hoher Preis- und Vergütungsanpassungen nachgelagert wirkten. Die einzelnen Leistungsbereiche entwickelten sich im Vergleich zum Vorjahr wie folgt:
Ausgabenentwicklung GKV 2024 nach den wichtigsten Leistungsbereichen
Quelle: BMG 2024 Darstellung: Rebmann Research
Hinweis: Mangels (vollständig) vorliegender Abrechnungsdaten beruhen die angegebenen Werte in vielen Leistungsbereichen zum Teil auf Schätzungen.
Moderater Anstieg der Leistungsausgaben für den Kernbereich der ambulanten ärztlichen Versorgung
Die Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung erhöhten sich um 3,0 Mrd. Euro bzw. 6,3%. Bereinigt um die besonderen Leistungsbereiche (vgl. Tabelle) lag das Plus nur noch bei 2,2 Mrd. Euro bzw. 5,4% und damit deutlich unter dem Durchschnitt aller Leistungsausgaben (8,1%).
Besondere Leistungsbereiche | Anstieg Leistungsausgaben 2023/2024 in Prozent und absolut |
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ambulante spezialfachärztliche Versorgung |
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hausarztzentrierte Versorgung |
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ärztliche Behandlung in Hochschulambulanzen |
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spezialisierte ambulante Palliativversorgung |
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ärztliche Leistungen im Rahmen der integrierten Versorgung |
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Auffallend niedrig lag der Ausgabenanstieg bei den zahnärztlichen Behandlungen (+3,1% bzw. +418 Mio. Euro) und Zahnersatz (+3,8% bzw. +151 Mio. Euro). Grund waren die ausgabendämpfenden Wirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes.
Kommentar:
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begründet das große Minus bei den Kassen sowohl mit dem inflationsbedingt hohen Anstieg bei den Ausgaben für Personal und medizinische Leistungen als auch mit strukturellen Defiziten im Gesundheitssystem. So sei es in den vergangenen Legislaturperioden nicht gelungen, für moderne und zukunftsfähige Strukturen zu sorgen. Lauterbach erhofft sich nun durch das Digitalgesetz und der Krankenhausstrukturreform eine Verbesserung der künftigen Situation. Gleichzeitig greift er die langjährige Forderung der Kassen auf, versicherungsfremde Leistungen vollständig aus Steuermitteln zu finanzieren.
Die Krankenkassen und die Versicherten sollten sich auf alle Fälle auch 2025 auf eine steigende Belastung einstellen. Der vom BMG bekannt gegebene – auf Basis der Prognose des GKV-Schätzerkreises festgelegte – durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2025 von 2,5% ist deutlich höher als noch im Vorjahr. Doch auch dieser Wert wurde bereits überschritten. So kletterte der von den Kassen zum 1.1.2025 durchschnittlich erhobene Zusatzbeitragssatz bereits auf 2,92%.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit – Vorläufige Finanzergebnisse der GKV für das Jahr 2024