Zahnersatz bei Kassenpatienten – weniger Fälle, höhere Ausgaben

Zahnersatz bei Kassenpatienten - weniger Fälle, höhere Ausgaben

Weniger Zahnersatzbehandlungen aufgrund verbesserter Mundgesundheit

Die Mundgesundheit der Bevölkerung Deutschlands verbessert sich stetig. Dies hat zur Folge, dass Senioren im Alter immer öfter noch über – zumindest einen Teil – ihrer eigenen Zähne verfügen. Entsprechend sind Zahnersatzbehandlungen seit Jahren rückläufig. Diese Entwicklung wird auch durch die Daten zur vertragszahnärztlichen Versorgung des Barmer Zahnreports 2022 belegt.

Wiederherstellungen deutlich stärker rückläufig als Neuversorgungen

Bei Wiederherstellungen (bundesdurchschnittliche Inanspruchnahmerate im Jahr 2021: 4,72%) ist der rückläufige Trend deutlich stärker ausgeprägt als bei Neuversorgungen. Bei den Wiederherstellungen sind seit 2013 die Behandlungszahlen um 19,4% zurückgegangen. Bei Neueingliederungen (Inanspruchnahmerate: 5,82%) ist der Rückgang der Behandlungszahlen hingegen deutlich weniger stark ausgeprägt (seit 2013:  6,3%).

Abb. 1: Entwicklung Zahnersatz-Behandlungsfälle nach BEMA-Teil 5 (2013 – 2021)

Entwicklung Zahnersatz-Behandlungsfälle nach BEMA-Teil 5 (2013 - 2021)

Quelle: BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung (2023), Darstellung REBMANN RESEARCH

Im Jahr 2021 wurden insgesamt 10,106 Mio. Zahnersatz-Behandlungen nach BEMA-Teil 5 durchgeführt (5,329 Mio. Neueingliederungen und 5,070 Mio. Wiederherstellungen). Die Inanspruchnahmerate betrug 9,52%.

Ausgabenanstieg trotz rückläufiger Fallzahlen

Im Gegensatz zu den Behandlungszahlen steigen die Ausgaben für Zahnersatzbehandlungen seit Jahren – im Zeitraum 2013 bis 2021 um fast 20% (siehe Abb. 2).

Die mittleren Gesamtausgaben je Inanspruchnehmer (Kassen- und Eigenanteil) betrugen im Jahr 2021 bei Neueingliederungen 1.863,24 Euro (Eigenanteil: 1.023,16 Euro). Bei Wiederherstellungen lagen diese mit 182,49 Euro deutlich niedriger (Eigenanteil: 65,97 Euro).

Abb. 2: Entwicklung Ausgaben gesamt für Zahnersatz-Leistungen nach BEMA-Teil 5

Entwicklung Ausgaben gesamt für Zahnersatz-Leistungen nach BEMA-Teil 5

Datenquelle: BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung (2022), Darstellung REBMANN RESEARCH

Bei den Barmer-Zahlen ist zu berücksichtigen, dass sich diese lediglich auf Leistungen nach BEMA-Teil 5 beziehen, also auf Leistungen für Kassenpatienten. Leistungen der Privaten Krankenversicherungen (PKV) sowie reine Privatleistungen sind nicht berücksichtigt. Die Daten zu den Ausgaben beinhalten allerdings nicht nur die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommenen Kosten, sondern auch den von den Patienten privat oder über Zusatzversicherungen aufzubringenden Eigenanteil.

 

Kommentar:

Vergütung über befundorientierte Festzuschüsse

Zahnersatz nach BEMA-Teil 5 wird im Gegensatz zu anderen kassenzahnärztlichen Leistungen nach befundorientierten Festzuschüssen vergütet. Abhängig vom Befund und der Führung des Zahnbonusheftes übernimmt die Krankenkasse einen Festbetrag, unabhängig davon, für welche Versorgungsform (Regelversorgung, gleichwertige oder höherwertige Versorgung) sich der Patient entscheidet. Die über die Kassenleistungen hinaus entstehenden Kosten muss der Patient selbst tragen – entweder über eine Zusatzversicherung oder aus eigener Tasche. Siehe hierzu auch unsere News vom 23.9.2020.

Der Ausgabenanstieg im Bereich Zahnersatz steht nicht nur in Zusammenhang mit der jährlichen Anhebung der Preise für zahntechnische Leistungen sowie der Punktwerte für die damit zusammenhängenden vertragszahnärztlichen Leistungen. Die in den vergangenen Jahren (mit Ausnahme des Corona-Pandemie-Jahres 2020) gestiegenen Ausgaben sind auch auf den steigenden Anteil der (deutlich teureren) Neuversorgungen zurückzuführen.

Große regionale Unterschiede

Bei der Inanspruchnahme von Zahnersatzleistungen und den damit verbundenen Ausgaben fallen auch deutliche regionale Unterschiede auf. So ist bei den Ausgaben für Zahnersatz, die im Rahmen der kassenzahnärztlichen Versorgung entstehen, ein deutliches Gefälle Süd/West zu Nord/Ost festzustellen. Während beispielsweise Neueingliederungen für bayerische Kassenpatienten im Jahr 2021 für im Mittel (Kassen- und Eigenanteil) 2.039,46 Euro kosteten, betrugen die Ausgaben je Inanspruchnehmer in Sachsen lediglich 1.504,98 Euro.

Beim prozentualen Eigenanteil für Zahnersatz und der Kaufkraft ergeben sich beim Vergleich der Bundesländer auffällige Gemeinsamkeiten. So ist der durchschnittliche Anteil der privat zu erbringenden Zuzahlungen (Eigenanteil) in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Hamburg am höchsten, also in den Top-4 Bundesländern nach Kaufkraft. Den niedrigsten Privatanteil weisen dagegen die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern auf. Sie sind auch die Schlusslichter im Kaufkraftranking. In diesen Bundesländern verzichten offenbar viele Kassenpatienten auf teuren, mit hohen Zuzahlungen verbundenen Zahnersatz.

Abb. 3: Privatanteil Zahnersatz Kassenpatienten und Kaufkraft nach Bundesländern

Privatanteil Zahnersatz Kassenpatienten und Kaufkraft nach Bundesländern

Quellen: Privatanteil Zahnersatz: BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung (2022, Daten für 2021), eigene Berechnungen; Kaufkraft je Einwohner: GfK (Prognose für 2023); Darstellung REBMANN RESEARCH

Weitere Informationen und Auswertungen zum „BARMER Zahnreport 2022“ finden Sie in unseren News vom 4.11.2022 und vom 28.10.2022.

Quellen:

Verena Heinzmann
Autor Verena Heinzmann
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