Bei der zahnärztlichen Versorgung könnten sich in einigen Gebieten Sachsen-Anhalts in naher Zukunft Versorgungsmängel ergeben. Dies geht aus einer Pressemitteilung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KZVLSA) hervor. Grund ist, dass ein Großteil der praktizierenden Zahnärzte bereits älter als 55 Jahre ist.
Eine Auswertung von REBMANN RESEARCH zeigt, dass auf Ebene der gesamten KZV-Region Sachsen-Anhalt rund 1.475 Einwohner auf einen Vertragszahnarzt kommen. Damit ist die Versorgungslage zwar geringfügig schlechter als im Bundesdurchschnitt (1:435), liegt jedoch gemessen an den Verhältniszahlen von Sachsen-Anhalt noch nicht im unterversorgten Bereich. Der genauere Blick zeigt jedoch, dass die Versorgungslage je nach Landkreis oder kreisfreier Stadt zum Teil sehr unterschiedlich ist. Von potenziellen Versorgungsproblemen betroffen sind dabei insbesondere die grün eingefärbten Regionen, in denen also die Zahl der Einwohner je Zahnarzt höher liegt als im Durchschnitt der gesamten KZV-Region. Aus Sicht der praktizierenden oder niederlassungswilligen Zahnärzte kennzeichnen sich diese Regionen durch eine vorteilhafte Konkurrenzsituation, während sie aus Perspektive der Versorgung jedoch negativ zu beurteilen sind. Insgesamt fallen aus diesem Blickwinkel 50% der Planungsregionen in den (eher) kritischen Bereich. Laut ATLAS MEDICUS® Marktatlas-Auswertung sind insbesondere die Landkreise Börde, Jerichower Land und der Altmarkkreis Salzwedel deutlich schlechter versorgt als die übrigen Planungsbereiche Sachsen-Anhalts (vgl. Abb.). Überdurchschnittlich gut ist die Versorgungssituation hingegen in den rot eingefärbten Regionen (Kreisfreie Stadt Halle (Saale), Kreisfreie Stadt Magdeburg und Kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau). Diese kennzeichnen sich durch eine hohe Zahnarztdichte – und damit aus dem Blickwinkel der praktizierenden Zahnärzte durch eine hohe Konkurrenzsituation.
Abb. ATLAS MEDICUS® Marktatlas: Zahl der Zahnärzte und Abweichung der Versorgungsdichte vom Durchschnitt Sachsen-Anhalts
Quelle: ATLAS MEDICUS®
Auch aus Sicht der Bedarfsplanung gegenwärtig noch keine Unterversorgung
Konkret bewerten lässt sich der Versorgungsgrad auf Basis der offiziellen Verhältniszahlen. Dabei liegen der Berechnung jedoch unterschiedliche Verhältniszahlen zugrunde. Diesen zufolge haben Zahnärzte in ländlichen Gebieten eine höhere Zahl an Patienten zu versorgen als ihre Kollegen in Ballungsgebieten oder Großstädten. In Sachsen-Anhalt kommt für die kreisfreien Städte Magdeburg und Halle die Verhältniszahl von 1.280 Einwohner/Zahnarzt zum Ansatz und für alle übrigen Planungsbereiche liegt die Relation bei 1.680/Einwohnern je Zahnarzt. Eine Überversorgung wird bei einem Versorgungsgrad von 110% festgestellt, eine Unterversorgung besteht bei unter 50%. Die KZVen haben jährlich eine Übersicht über den Versorgungsgrad vorzulegen. Der aktuellen Überschicht der KZVLSA zufolge – allerdings mit Stand 31.12.2021 – liegt gegenwärtig in keiner Region Sachsen-Anhalts eine Unterversorgung vor (vgl. Tab.). Der Blick auf die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte zeigt jedoch zum Teil größere Abweichungen. In fünf der 14 Planungsbereiche liegt der Versorgungsgrad bereits unter 100%. In Übereinstimmung mit der reinen Dichte-Auswertung aus ATLAS MEDICUS zeigt sich eine Übereinstimmung bei den Regionen mit besonders unterdurchschnittlicher Versorgungssituation. Die Landkreise Börde und Jerichower Land und der Altmarkkreis Salzwedel weisen mit 74,6%, 77,8% und 87,6% die niedrigsten Versorgungsgrade auf. Damit ist es wahrscheinlich, dass diese Regionen in den kommenden Jahren zu den ersten zählen, die – bedingt durch den Renteneintritt der älteren Zahnärzte – von Versorgungslücken betroffen sein werden.
Tab. Versorgungsgrad Zahnärzte KZVLSA (Stand 31.12.2021)
Versorgungsgrad Zahnärzte KZVLSA (Stand 31.12.2021)
Planungsbereich | Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung in % |
---|---|
Kreisfreie Stadt Halle (Saale) | 118,3 |
Kreisfreie Stadt Magdeburg | 96,1 |
Kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau | 147,8 |
Altmarkkreis Salzwedel | 87,6 |
Landkreis Anhalt-Bitterfeld | 124,2 |
Landkreis Börde | 74,6 |
Burgendlandkreis | 123,1 |
Landkreis Harz | 112,5 |
Landkreis Jerichower Land | 77,8 |
Landkreis Mansfeld-Südharz | 111,7 |
Saalekreis | 100,9 |
Salzlandkreis | 100,8 |
Landkreis Stendal | 98 |
Landkreis Wittenberg | 121,9 |
Quelle: KZVLSA |
Kommentar:
Infolge der demografischen Entwicklung und der Überalterung der Zahnärzte werden sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren insbesondere in den ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts Versorgungsprobleme ergeben. Bei den humanmedizinischen Fachrichtungen und vor allem bei der hausärztlichen Versorgung sind diese Probleme bereits seit Jahren Realität. Zur Sicherung des ärztlichen Nachwuchses gibt es deshalb zahlreiche Förderansätze. Diese können als „Blaupause“ auch im zahnärztlichen Bereich zum Ansatz kommen. Zwar lehnt der Landtag Sachsen-Anhalt die Einführung einer Landzahnarztquote bislang ab, doch hat die KZVLSA – zum Teil in Kooperation mit den Kommunen – ein umfangreiches Förderprogramm für den zahnärztlichen Nachwuchs auf die Beine gestellt:
- “Zahnmedizin studieren – auch ohne Einsnull”: Das Stipendienprogramm für ein Studium im ungarischen Pécs richtet sich an Abiturienten, für die aufgrund des Numerus clausus ein Zahnmedizinstudium in Deutschland nicht möglich ist.
- „Zahni-Stipendium“: Für angehende Zahnärzte im klinischen Studienabschnitt stehen 10 Förderplätze zur Verfügung. Die Stipendiaten werden bis zum Ende der Regelstudienzeit mit 500 Euro/Monat unterstützt und profitieren von einem reibungslosen Berufseinstieg. Stipendiaten sind verpflichtet, ihre Assistenzzahnarztzeit in Sachsen-Anhalt zu absolvieren.
- Kommunale Stipendien: Ausgewiesene Landkreise stellen in Kooperation mit der KZV Stipendien mit monatlicher Unterstützung von bis zu 800 Euro zur Verfügung. Bedingung ist eine Verpflichtung im betreffenden Landkreis/Kommune später als Zahnärztin/Zahnarzt tätig zu sein.
Bewerbungen sind noch bis zum 15. Juli möglich. Nähere Informationen gibt es unter: https://www.kzv-lsa.de/Nachwuchs/zahnarzt-werden-in-sachsen-anhalt.html.
Quellen: