Medizintourismus 2020 im Krisenmodus

Medizintourismus 2020 im Krisenmodus

Die Pandemie hat im Jahr 2020 für einen starken Einbruch bei der Zahl ausländischer Patienten gesorgt, die gezielt zur Behandlung nach Deutschland einreisen. Dies zeigt die jährliche Auswertung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) zum Gesundheitstourismus in Deutschland. Den für 2020 erhobenen Zahlen zufolge ließen sich im Berichtsjahr insgesamt 65.586 ausländische Patienten in deutschen Krankenhäusern behandeln – und damit fast 34% weniger als noch 2019. Ähnlich stark betroffen waren die ambulanten Behandlungen mit einem Rückgang um gut 33% auf rund 97.000. In der Folge nahmen auch die damit verbundenen Umsätze deutlich ab. Lagen die Gesamteinnahmen in Zusammenhang mit der Behandlung ausländischer Patienten 2019 noch bei rund 1,2 Mrd. Euro, schrumpften sie 2020 um 33% auf ca. 800 Mio. Euro (vgl. Abb.).

Abbildung: Entwicklung Gesundheitstourismus in Deutschland: Umsatz und Patientenzahlen 2014-2020

Gesundheitstourismus in Deutschland: Umsatz und Patientenzahlen

Quelle: Hochschule Bonn-Rhein-Sieg                Grafik: REBMANN RESEARCH

Bundesländer unterschiedlich stark von rückläufigen Zahlen beim Gesundheitstourismus betroffen

Im Jahr 2020 suchten Patienten aus 177 Ländern Deutschland zu Behandlungszwecken auf. Vor Ausbruch der Pandemie wuchsen insbesondere die Patientenzahlen aus Russland, der Ukraine und aus Kasachstan. In der Summe waren die Patientenzahlen aus diesen Ländern um 50% rückläufig  (Russland: -62%, Ukraine: -24%, Kasachstan: -32%). Unter den Ländern der Europäischen Union ließen sich vor allem Patienten aus Polen (über 10.400 Fälle) und den Niederlanden (mehr als 5.800 Fälle) stationär in Deutschland behandeln. In der Regionalbetrachtung zeigten sich die größten Einbrüche bei den Patientenzahlen in Hessen (-44%), Berlin (-43%) und in Bayern (-40%), das bei ausländischen Patienten trotzdem seinen Platz als beliebtestes Behandlungsland unter den Bundesländern aufrechterhalten konnte. Größere Rückgänge ergaben sich auch in Baden-Württemberg (-31%), im Saarland (-25%) und in Nordrhein-Westfalen (-24%).

 

Kommentar:

Als Hauptursache für den stark rückläufigen Gesundheitstourismus sehen die Autoren die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen restriktiven Einreisebeschränkungen. Darüber wirken sich auch Entwicklungen bei den Ölpreisen, der Währungsstabilität und den Reallöhnen negativ auf die Nachfrage aus. Als Hauptmotiv für die Behandlung in Deutschland gilt neben fehlenden Behandlungsangeboten im Heimatland auch die hohe Qualität der Versorgung in Deutschland.

Ukrainekrieg lässt weitere Negativeffekte auf den Gesundheitstourismus erwarten

Noch sind keine Zahlen für 2021 und 2022 verfügbar. Als sicher gilt jedoch, dass auch der aktuelle kriegerische Konflikt in der Ukraine den Gesundheitstourismus zumindest aus den Nicht-EU-Staaten weiter negativ beeinflusst. Laut H-BRS fragen russische Patienten zwar nach wie vor insbesondere komplexere Behandlungen in Deutschland nach, jedoch ist die Organisation schwieriger und aufwendiger geworden.

Quellen:

Hochschule Bonn-Rhein-Siegen

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