MedTech: steigende Umsatzzahlen, rückläufige Gewinne

MedTech: steigende Umsatzzahlen, rückläufige Gewinne

Die Entwicklung des Umsatzes in der Medizintechnik zeigt eine leichte Erholung im Vergleich zu 2021. Das geht aus der aktuellen Herbstumfrage 2022 des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) hervor. Die deutsche Medizintechnik erreichte 2021 ein Umsatzwachstum von 3,3% im Vorjahresvergleich (Umsatz rund 34 Mrd. Euro). Die Exportquote, die nach Jahren des Wachstums bereits 2020 stagnierte, blieb auch 2021 bei konstanten rund 66%. Der vom Umsatz in die Forschung und Entwicklung investierte Anteil liegt nach wie vor bei 9%. Hier sehen sich derzeit auch lediglich 18% der Unternehmen zu einer Erhöhung der Investitionsvolumen in der Lage. Auch der hohe Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen verändert sich mit 93% nicht. Während die Unternehmen >20 Mitarbeiter eine Zunahme auf 1.450 Unternehmen verzeichnen (zuvor: 1.418), machen sich die Herausforderungen der vergangenen Monate bei der Entwicklung der Kleinstunternehmen bemerkbar, deren Anzahl sich auf 12.000 Unternehmen verringert (zuvor: 13.000). Die Anzahl der insgesamt in der Medizintechnik beschäftigten Mitarbeiter steigt auch weiterhin und liegt aktuell bei 250.000 Menschen. Die weltweite Umsatzentwicklung, die sich üblicherweise stärker von den Entwicklungen auf Bundesebene abhebt, ist mit einer Steigerung von 3,5% in diesem Jahr nur knapp besser (Zahlen Herbstumfrage 2021 und 2022 vgl. Abbildung).

2021

2022

Anzahl der MedTech-Produkte auf dem deutschen Markt450.000450.000
Arbeitsplätze235.000250.000
Betriebe >20 Mitarbeiter1.4181.450
Kleinstunternehmen13.00012.000
Branchenumsatz34 Mrd. Euro36,4 Mrd. Euro
Wertschöpfung15,5 Mrd. Euro15,4 Mrd. Euro
Exportquote66%66%
Prozentuale Investition des Umsatzes in F&E9%9%

Rückläufige Gewinne trotz steigender Umsätze

Mit Blick auf die erzielten Gewinne sind allerdings trotz der positiven Umsatzentwicklungen rückläufige Zahlen zu erwarten. Grund dafür sind die horrenden Kostensteigerungen bei den Transport-, Rohstoff- und Energiepreisen sowie weiterhin der regulatorische Mehraufwand, der mit der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) einhergeht. Gewinnsteigerungen erwarten derzeit leidlich 11% der Unternehmen. Nahezu zwei Drittel (62%) rechnen mit einem Rückgang der Gewinne. Dennoch verdeutlichen die aktuellen Zahlen, dass die Medizintechnikunternehmen in neue Arbeitsplätze und Produktionsstandorte investieren, auch wenn sich die gegenwärtigen Herausforderungen negativ auf die Innovationsdynamik insgesamt auswirken. Der seit 2014 erhobene Innovationsklimaindex erreicht mit einem Wert von 3,6 einen Tiefstwert auf der zugrunde liegenden Zehnerskala. Die größten genannten Hemmnisse sehen die Medizintechnikunternehmen neben dem beherrschenden Thema der MDR (steigende Kosten, gebundene Ressourcen, Innovationsstopp) in der generellen Preisexplosion, im Fachkräftemangel und Lieferkettenproblemen. Forschungsbereiche, aus denen der Umfrage zufolge die meisten Innovationen hervorgehen, sind die Kardiologie und die Onkologie.

Medizintechnik investiert weiterhin in den Produktionsstandort Deutschland

Nichtsdestotrotz erhöht rund ein Viertel der Unternehmen ein weiteres Jahr das Volumen für Investitionen am Produktionsstandort Deutschland. Immerhin die Hälfte hält den Wert auf konstantem Niveau. Die größten genannten Stärken, die zu dem Engagement hierzulande führen, liegen nach wie vor in den gut ausgebildeten deutschen Fachkräften und einer guten Infrastruktur wie z.B. die Verkehrswege. Jedoch ist der Wert der genannten Stärken um rund 10 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Zudem investieren die deutschen Unternehmen auch im Inland in zusätzliche Arbeitsplätze. Mehr als ein Drittel (40%) der Herbstumfrage-Teilnehmer erhöhten die Mitarbeiterzahl. Annähernd die Hälfte (43%) hielten die Zahl der Mitarbeiter auf stabilem Niveau. Die Berufsaussichten in der Medizintechnikbranche beurteilen nahezu alle Unternehmen (92%) als unverändert aussichtsreich bzw. noch besser als zuvor. Besonders nachgefragt sind Ingenieure, Naturwissenschaftler und Medizintechniker, die vor allem zur Besetzung von Stellen in den Bereichen Vertrieb, Produktion, Regulatory Affairs und Qualitätsmanagement gesucht werden. Der existierende Fachkräftemangel wirkt sich vor allem auf die Besetzung von Stellen im Vertrieb aus, was 53% der Unternehmen aktuell schwerfällt.

MDR steht nach wie vor ganz oben auf der politischen Agenda

Die politischen Forderungen der Medizintechnik werden weiterhin von MDR bezogenen Themen dominiert (dringender Handlungsbedarf siehe auch News vom 28.9.2022). 80% der Unternehmen fordern insbesondere einen pragmatischen Umgang mit Bestandsprodukten innerhalb der MDR-Regelungen. Die Forderung beinhaltet die Anerkennung klinischer Pfade, Registerdaten und Zertifikaten unter Auflage. Über die beherrschende Regulatorik hinaus, sehen die Medizintechnikunternehmen auf politischer Seite die Notwendigkeit:

  • die Dauer des Bewertungsverfahrens zu verkürzen
  • generell für Medizinprodukte den ermäßigten Mehrwertsteuersatz einzuführen

 

Kommentar:

Eine forschungs-, leistungs- und wettbewerbsstarke Medizintechnikbranche, die auf wirtschaftlich gesundem Fundament steht, ist für Deutschland unentbehrlich. Laut Fazit des BVMed ist nun der richtige Zeitpunkt, um die Medizintechnikunternehmen seitens der Politik von überbordender Bürokratie zu entlasten und die aus dem Koalitionsvertrag hervorgehende Stärkung des Medizintechnikstandorts Deutschland anzugehen.

Die BVMed-Herbstumfrage ist eine jährlich durchgeführte Erhebung unter den Mitgliedsunternehmen des Verbandes. Von den im August und September 2022 angeschriebenen 240 Mitgliedern beteiligte sich mit 120 Unternehmen eine Quote von 50%: 68% Hersteller, 21% Handelsunternehmen, 6% Zulieferer, 5% Hilfsmittelleistungserbringer – hauptsächlich aus Deutschland (69%) und den USA (18%), der Rest aus dem europäischen Ausland (6% Frankreich). Die meistvertretenen Produktbereiche waren Implantate (40%), Verbandmittel (36%), medizinische Geräte (35%), OP-Produkte und Hilfsmittel (29 und 28%).

Siehe auch News vom 28.9.2022

Quellen:

Nadine Brohammer
Autor Nadine Brohammer
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