Steuern von A bis Z: (außer-)häusliches Arbeitszimmer – Teil I

Steuern von A bis Z: (außer-)häusliches Arbeitszimmer - Teil I

Zahlreiche Angehörige der freien Berufe haben neben ihrer Praxis noch ein Arbeitszimmer. Hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung dieser außerhalb der Praxis bzw. der ersten Betriebsstätte (bei Arbeitnehmern: erste Tätigkeitsstätte) für betriebliche und/oder berufliche Zwecke genutzten Räume wird wie folgt unterschieden:

Wann werden (außer-)häusliche Arbeitsräume bzw. Betriebsstätten als zusätzliche Arbeitsräume berücksichtigt?

Als zusätzliche Arbeitsräume werden steuerlich stets die häusliche oder außerhäusliche Betriebsstätte sowie das außerhäusliche Arbeitszimmer berücksichtigt. Das häusliche Arbeitszimmer wird, wenn es nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, nur eingeschränkt zum Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug zugelassen. Nicht jeder nur in den Abendstunden oder an den Wochenenden nutzbare Schreibtischarbeitsplatz steht zwangsläufig als ein anderer Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 5 S.1 Nr. 6 b EStG zur Verfügung (vgl. BFH-Urteil III R 9/16 vom 22.2.2017, DStR 2017, S. 839). Ein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, ist dann möglich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Aufwendungen werden bis zur Höhe von 1.250 € je Wirtschafts-/Kalenderjahr steuerlich anerkannt (§§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 und 3, 9 Abs. 5 EStG). Der Betrag von 1.250 € ist kein Pauschbetrag. Es handelt sich vielmehr um einen nach neuer BFH-Rechtsprechung personenbezogenen Höchstbetrag. Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer, ist die Höchstgrenze von 1.250 € personenbezogen anzuwenden, sodass jeder von ihnen seine Aufwendungen hierfür geltend machen kann.  Nach dem BMF-Schreiben vom 6.10.2017 kann das Arbeitszimmer in Zeiten der Nichtbeschäftigung nach den Regeln vorweggenommener Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

Worin unterscheiden sich (außer-)häusliche Arbeitsräume bzw. Betriebsstätten?

Im Rahmen der Rechtsprechung – mit der steuerlichen Beurteilung der Arbeitszimmer mussten und müssen sich die Gerichte in zahlreichen Verfahren immer wieder beschäftigen – wurden folgende Begriffsdefinitionen herausgearbeitet:

ArbeitszimmerRaum, der vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftstellerischer oder verwaltungstechnischer Arbeit dient und typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet ist, wobei der Schreibtisch das zentrale Möbelstück darstellt.
Beispiel: Büro eines Arztes zur Erledigung von Schreibarbeiten
BetriebsstätteJede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, § 12 AO. Liegt eine häusliche Betriebsstätte vor, die wie ein häusliches Arbeitszimmer ausgestattet ist (Schreibtisch zentrales Möbelstück), finden die Grundsätze zum häuslichen Arbeitszimmer Anwendung.
Beispiel: Arztpraxis
HäuslichRäume sind dann häuslich, wenn sie mit dem Wohnteil eine bauliche Einheit bilden und damit grundsätzlich zum privaten Bereich gehören. Eine unmittelbare Verbindung mit dem Wohnteil ist nicht erforderlich, so stehen z. B. auch ein Mansardenzimmer oder ein Kellerraum im selbst genutzten Einfamilienhaus zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung.
AußerhäuslichRäume, die sich außerhalb der Wohnung und außerhalb der baulichen Einheit des Wohngebäudes befinden, sind außerhäuslich. Befinden sich die Räume in einem Mehrfamilienhaus, liegt i.d.R. dann ein außerhäusliches Arbeitszimmer vor, wenn sie nicht auf derselben Etage oder direkt neben der bewohnten Wohnung liegen. Ob ggfs. eine Einbindung in die häusliche Sphäre erfolgt, muss nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden. Die Begrenzung des Abzugs der Aufwendungen auf einen Betrag von 1.250 € ist personenbezogen und gilt auch bei der Nutzung von mehreren häuslichen Arbeitszimmern in verschiedenen Haushalten.
NotfallpraxisEine ärztliche Notfallpraxis im selbst genutzten Wohnhaus ist kein häusliches Arbeitszimmer und unterliegt somit auch keiner Abzugsbeschränkung, wenn sie nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet ist. Der Zugang durch die privaten Räume des Steuerpflichtigen führt laut aktuellem BFH-Urteil vom 29.01.2020 (VIII R 11/17) nicht zu einer anderen Beurteilung. Mehrere beruflich oder betrieblich genutzte Räume werden jeweils für sich betrachtet, wenn sie keine funktionale Einheit darstellen.
Gemischt genutzte RäumeDie Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für betrieblich/beruflich genutzte Räume setzt grundsätzlich voraus, dass die Räume ausschließlich oder fast ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt werden. Allerdings hat der Große Senat des BFH für gemischt veranlasste Reisekosten, in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung, eine Aufteilung der Aufwendungen zugelassen. Offen war, ob diese Rechtsprechungsgrundsätze auf das Arbeitszimmer übertragen werden können, mit der Folge, dass gemischt genutzte Räume anteilig in Höhe des betrieblichen/beruflichen Nutzungsanteils als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten berücksichtigt werden können. Diese dem Großen Senat des BFH vom IX. Senat in dem Verfahren IX R 23/12 mit Beschluss vom 21.11.2013, BStBl. II 2014 S. 312, zur Entscheidung vorgelegte Frage hat der Große Senat mit Beschluss vom 27.7.2015 verneint, (GrS 1/14, BStBl. II 2016 S. 265). Dementsprechend hat der BFH in der Folge eine bloße Arbeitsecke bzw. die Abtrennung eines einheitlichen Raumes durch ein Regal nicht als ausreichend für die Geltendmachung eines Arbeitszimmers anerkannt.

Welche Aufwendungen für betriebliche und/oder beruflich genutzte Räume abzugsfähig sind und welche neuen gesetzlichen Regelungen es gibt für die ausschließliche Tätigkeit im Homeoffice, werden im Teil II des Beitrags Steuern von A bis Z: (außer-)häusliches Arbeitszimmer erläutert.

Kommentar

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Neben “Chefsache” finden Sie in unserem digitalen Wissensportal Gesundheitsmarktwissen zahlreiche weitere fachgruppenspezifische Marktstudien und Publikationen mit vielen wirtschaftlichen Daten, die keine Managementfragen für die Heilberufe und deren Beratung offenlassen.”

Quelle: GESUNDHEITSMARKTWISSEN

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