Nachbarn im Fokus: IGES-Studie zeigt, wie Deutschland die allgemeinmedizinische Weiterbildung verbessern kann

Nachbarn im Fokus: IGES-Studie zeigt, wie Deutschland die allgemeinmedizinische Weiterbildung verbessern kann

Deutschland, mit seinem vergleichsweise niedrigen Hausarztanteil und der geringen Weiterbildungsquote in der Allgemeinmedizin, kann von seinen Nachbarn lernen. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des IGES-Instituts in Kooperation mit dem verstorbenen Prof. Hendrik van den Bussche. Inhalt der Untersuchung ist die Strategie-Analyse von fünf Nachbarländern (Belgien, Frankreich, Niederlande, Österreich, Schweiz) mit vergleichbaren Gesundheitssystemen und Herausforderungen. Hintergrund der Studie ist, dass Deutschland trotz seiner langjährigen Bemühungen in der Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung nicht ausreichend vorankommt.

Nachbarn erreichen höhere Hausarzt-Anteile bei der Weiterbildung

Die Niederlande und Frankreich weisen im Vergleich zu Deutschland signifikant höhere Anteile von allgemeinmedizinischen Weiterbildungsabschlüssen an allen Facharztanerkennungen auf. Während Deutschland bei 13% stagniert, erreichen die Niederlande 33% und Frankreich sogar 40% (vgl. Abb. 1). In diesen beiden Ländern sind hausärztliche Themen bereits im Studium stark integriert. Zudem sind praktische Zeiten in hausärztlichen Praxen verpflichtend.

Abb. 1: Anteil der allgemeinmedizinischen Abschlüsse an allen Weiterbildungsabschlüssen

Quelle: IGES-Institut (2023), Darstellung REBMANN RESEARCH

Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass Deutschland bezogen auf die Bevölkerung den geringsten Anteil bei der Weiterbildung von Hausärzten aufweist. Während in den anderen verglichenen Ländern jährlich mindestens 3,7 Ärzte je 100.000 Einwohner die allgemeinmedizinische Weiterbildung abschließen, erreicht Deutschland gerade einmal einen Wert von 2,2 (vgl. Abb. 2). Die Schweiz ist bei diesem Aspekt klarer Spitzenreiter mit 7,6 allgemeinmedizinischen Abschlüssen je 100.000 Einwohner.

Abb. 2: Allgemeinmedizinische Weiterbildungsabschlüsse je 100.000 Einwohner

Quelle: IGES-Institut (2023), Darstellung REBMANN RESEARCH

Kürzere Weiterbildungszeiten im Ausland

Eine weitere wichtige Einflussgröße ist die Weiterbildungsdauer. Abgesehen von der Schweiz sind die Weiterbildungszeiten bei den Nachbarländern kürzer als in Deutschland. Dies ermöglicht es den Nachwuchsärzten früher in die medizinische Versorgung der Bevölkerung einzusteigen. Eine effizientere, curricular strukturierte Weiterbildung sowie eine intensive fachliche Begleitung sind Schlüsselfaktoren in Frankreich, Belgien und den Niederlanden.

Planung der Weiterbildungsplätze nach den benötigten Kapazitäten

Die wichtigste Maßnahme ist laut Studienautoren die bessere Planung ärztlicher Kapazitäten und eine darauf aufbauende Quotierung der Weiterbildungsplätze. Beispielsweise werden die Weiterbildungsstellen in Belgien und den Niederlanden untergliedert nach den einzelnen Fachgruppen geplant und bereitgestellt. In Frankreich spielt zudem der Faktor Region in die Planung ein.

 

Kommentar:

Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland wurde bereits Ende der 1990er-Jahre als wachsende Herausforderung identifiziert. Um dem Negativtrend entgegenzuwirken, wurde das „Initiativprogramm zur Sicherstellung der allgemeinmedizinischen Versorgung“ ins Leben gerufen, welches die finanzielle Förderung für Weiterbildungsstellen vorsah. Seit 2015 ist die Förderung dauerhaft gesetzlich verankert. Im Jahr 2021 flossen durch das Förderprogramm insgesamt 298 Mio. Euro in Gehaltszuschüsse für die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin.

Die finanzielle Förderung in Deutschland hat zwar zu einem spürbaren Anstieg der Facharztanerkennungen in der Allgemeinmedizin geführt, allerdings reichen die Bemühungen noch nicht aus, um die hausärztliche Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen. Der Ansatz, erfolgreiche Strategien von Nachbarländern zu übernehmen und in das eigene Gesundheitssystem zu integrieren, kann ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sein.

Quelle: iGES – xperten: Erfahrungen anderer Länder zur Förderung der Weiterbildung Allgemeinmedizin in Deutschland nutzen

Autor Fanny Mauch
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