Orthopädie: Stoßwellentherapiegerät lohnt sich nur bei guter Auslastung

Orthopädie: Stoßwellentherapiegerät lohnt sich nur bei guter Auslastung

In der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist die Indikation zur Anwendung der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) sehr eng gefasst. So darf die ambulante Leistung nur unter bestimmten Voraussetzungen (u.a. nach Ausschöpfen der konservativen Therapieoptionen) bei Patienten mit Fersenschmerz bei plantarer Fasciitis zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Doch in der Praxis kann die ESWT vielen Patienten mit weiteren Beschwerden Linderung bringen (z.B. beim Tennisellenbogen, der Kalkschulter oder Achillessehnenentzündungen). In diesen Fällen ist die Therapieleistung jedoch auf Privatversicherte und Selbstzahler (als IGeL-Angebot) beschränkt. Je nach technischer Ausführung liegt der Preis eines Stoßwellentherapiegeräts zwischen rund 7.000 Euro und rund 25.000 Euro. Praxisinhaber, die die Anschaffung eines ESWT-Geräts in Erwägung ziehen, sollten im Vorfeld der Investitionsentscheidung eine Kalkulation durchführen, die Aufschluss über deren Rentabilität gibt.

Wann ist eine Investition rentabel?

Die Vorteilhaftigkeit einer Investition lässt sich mithilfe der sogenannten Amortisationsrechnung beurteilen. Diese gibt Aufschluss darüber, nach welcher Zeit das investierte Kapital dank der mit der Investition erzielten Umsätze wieder an den/die Investoren zurückgeflossen ist. Hierbei sind im Fall des ESWT-Gerätes Informationen über die voraussichtliche Anzahl der Untersuchungen von gesetzlich und privat Versicherten sowie Selbstzahlern und deren Bewertung (nach EBM bzw. GOÄ) erforderlich. Auf Ausgabenseite schlagen neben den laufenden Betriebsausgaben für das Gerät (Energie, Verbrauchsmaterialien, Wartung, Versicherung etc.) auch Darlehenszinsen, die abzuführende Einkommensteuer aus dem Praxisergebnis (hier können sich aufgrund von Verlusten auch negative Werte ergeben) und die Aufwendungen für die Abnutzung (AfA) sowie die Geldflüsse für Tilgungsleistungen zu Buche. Während insbesondere bei größeren Investitionen kurzfristig negative Liquiditätssalden resultieren, sollte sich dieser Effekt im Zeitverlauf möglichst schnell wieder umkehren. Als Faustregel gilt: Eine Investition sollte aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur dann getätigt werden, wenn sie sich innerhalb der voraussichtlichen Nutzungsdauer amortisiert – also wenn sie spätestens im letzten Jahr der veranschlagten Nutzungsdauer zu einem positiven Kapitalsaldo führt.

Durchschnittspraxen ist die Anschaffung eines ESWT-Geräts nicht zu empfehlen

Das vorliegende Beispiel aus dem ATLAS MEDICUS® ROI-Planer (vgl. Abb.) kalkuliert die Amortisationsdauer eines ultraschallbasierten ESWT-Geräts mit Anschaffungskosten in Höhe von 15.000 Euro auf Basis der Durchschnittswerte einer orthopädischen Einzelpraxis mit Standort in Westdeutschland. Es zeigt sich, dass die Amortisationsdauer nach Steuern bei 6,6 Jahren liegt und damit die Abschreibungs- bzw. geplante Nutzungsdauer von 5 Jahren um 1,6 Jahre übersteigt. Nach Ablauf der Abschreibungsdauer resultiert bei der Kennzahl „kumulierte Liquidität“ ein Negativbetrag in Höhe von mehr 3.593 Euro. Dies bedeutet, dass die Liquidität der Praxis, bei der zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls eine Ersatzinvestition für das Gerät anfällt, zusätzlich durch den Kapitaldienst für das (evtl. nicht mehr nutzbare) Altgerät belastet ist. Unter den dargestellten Rahmenbedingungen ist demzufolge aus betriebswirtschaftlicher Sicht von der Investition abzuraten.

Abb.: Amortisationsrechnung ESWT-Gerät, orthopädische Einzelpraxis, Westdeutschland

Beispiel einer Amortisationsrechnung für ein ESWT-Gerät, orthopädische Einzelpraxis, Westdeutschland

Quelle: https://www.atlas-medicus.de

 

Kommentar:

In der Praxis kann sich die Anschaffung eines ESWT-Geräts trotzdem lohnen. Basierend auf der individuellen Praxis- und Patientenstruktur sowie Leistungsausrichtung können sich zum Teil deutlich von der Durchschnittspraxis abweichende Werte ergeben. Daneben lassen sich mit geeigneten Maßnahmen Auslastung und Amortisationszeit positiv beeinflussen. Hierzu zählen z.B. größere Praxisstrukturen, Marketingmaßnahmen oder der zeitweise Verleih des Gerätes an Praxen anderer Fachrichtungen oder an räumlich weiter entfernte orthopädische Praxen, die außerhalb des eigenen Einzugsgebietes liegen. Über die eventuellen steuerlichen Auswirkungen des IGeL-Angebots und der Gerätevermietung sollten sich Ärzte jedoch im Vorfeld bei einem qualifizierten Berater informieren.

Quellen:

 

Dr. Elisabeth Leonhard
Autor Dr. Elisabeth Leonhard
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